Wir haben uns daran gewöhnt, dass immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten. Doch wer vegan lebt, gerät schnell unter Verdacht. Warum nur sollen wir auf Milch und Honig verzichten? Veganer sagen: Überall wo Tierleid verursacht wird, machen wir nicht mit. Das kann man radikal nennen. Oder konsequent. Veganer wollen politische Statements setzen. Und verzichten dafür auf vieles.
Ein veganes 10-Gang-Menü
Lauren Wildbolz genügt das nicht. Für die Künstlerin bedeutet veganes Leben auch eine grössere Genussvielfalt. Sie beschäftigte sich während ihres Studiums an der Kunsthochschule intensiv mit unserem Umgang mit Essen. Sie lancierte ein Waste-Food-Projekt und gründete das erste vegane Restaurant in Zürich.
Mittlerweile macht die Umtriebige hauptsächlich Caterings, hält Vorträge und veranstaltet Kochkurse. Zum Beispiel für ein veganes 10-Gang-Menü, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen. Zusammen mit anderen kocht man sich durch verschiedene Menüs der veganen Küche und erhält Informationen zu den Lebensmitteln. Denn in der veganen Küche müssen wir Vieles ersetzen, Honig etwa durch Agavendicksaft.
Vegan ist Genuss
Am Ende des Abends sitzt man zusammen und degustiert. Rohkostlasagne, Rüebli-Kohlrabi-Süppchen, vegane Sushi, Schoggi-Gugelhupf – es schmeckt. Nicht einer der Teilnehmer am Kochkurs ist übrigens Veganer. Sie sehen das als Erweiterung ihres Koch-Repertoires. Das ist es genau, was Lauren Wildbolz beabsichtigt.
Wildbolz stellt den Spass und den Genuss in den Vordergrund, und entkräftet so die Vorurteile über Veganer. «Seit meinem 14. Lebensjahr ernähre ich mich vegetarisch, irgendwann habe ich erkannt, dass ich aus den Gründen, aus denen ich mich vegetarisch ernähre eigentlich vegan werden müsste», sagt die 34-Jährige.
Die beste Ernährung ist ausgewogen
Wildbolz lebt konsequent vegan, und glaubt, dass wir alle mit unserem Kaufverhalten etwas bewirken können. Womöglich hat sie Recht, zumindest in den Wohlstandsstaaten. Doch sind die Anliegen der Veganer nicht eigentlich Luxusprobleme?
Veganer gelten als körperbewusst. Sie wissen viel über die Wirkung unserer Ernährung und können sie so optimieren. Da liegt der Lifestyle-Verdacht nahe. Denn der gesundheitliche Nutzen von veganer Ernährung ist durchaus umstritten.
Und obwohl wir etwa Eiweiss, B-Vitamine und Eisen mittlerweile gut ersetzen können, ist die beste Ernährung immer noch eine ausgewogene, mediterrane. Doch Veganern geht es um mehr, sie setzen ethischen und ökologischen Missständen etwas entgegen:
- Es geht um das Leid, bedingt durch den Umgang mit unseren Tieren. Der Begriff Massentierhaltung bekommt eine neue Facette, wenn man zum Beispiel weiss, dass männliche Küken, weil sie für die Eierproduktion unbrauchbar sind, getötet, geschreddert und verfüttert werden nach dem Schlüpfen.
- Es geht um Ressourcenverschwendung: Ein Drittel der Getreide weltweit wird an Tiere verfüttert. Damit die westliche Welt genügend Fleisch und Leder für ihre Luxusbedürfnisse hat. Von diesem Getreide könnten rund 4 Milliarden Menschen mehr satt werden.
- Und es geht um Umweltbelastung: Der CO2-Ausstoss für die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch kann so hoch sein, wie der CO2-Ausstoss für eine 1600 Kilometer lange Autofahrt.
Mit gutem veganem Essen überzeugen
Diese Argumente lassen sich nicht einfach von der Hand weisen. Dennoch scheint das konsequente vegane Leben aufwändig, der Verzicht auf Fleisch und Käse ein grosser.
Lauren Wildbolz weiss das, und geht darum behutsam vor. Sie will mit gutem veganem Essen überzeugen und den Leuten die Chance geben, sich langsam einer veganen Ernährung anzunähern.
Kein Problem für die vegane Köchin, wenn da ab und zu trotzdem Fleisch, Honig oder Käse dabei sind. Kürzlich beendete sie einen Vortag am Gottlieb-Duttweiler-Institut mit den Worten: «Es lebe der Sonntagsbraten.»