«Abstraktion. Die kühle Romantik dieses Stils ohne Pathos ist unerhört», notierte Paul Klee 1915. Offenkundig faszinierte ihn diese ganz neue, ganz moderne, ganz und gar ungegenständliche Malerei, die von Künstlern wie Kasimir Malewitsch und Wassily Kandinsky bereits eifrig erprobt wurde.
Auch Paul Klee, der als einer der eigenständigsten und einflussreichsten Künstler der Moderne gilt, experimentierte mit der Abstraktion.
Als junger Kunststudent in München, auf seiner grossen Reise nach Tunis, am Bauhaus, und während seiner letzten Jahre in Bern.
Klotzen statt kleckern mit Klee
Das zeigt die Ausstellung «Paul Klee – Die abstrakte Dimension» mit 110 Werken aus zwölf Ländern. Es ist eine Schau der Superlative, der Raritäten und Spezialitäten.
Der Name Beyeler verpflichtet. Und wenn die Fondation in Riehen, die zu den grossen Publikumsmagneten im Ausstellungsgewerbe gehört, zu ihrem 20-jährigen Bestehen eine Paul Klee-Ausstellung einrichtet, dann wird nicht gekleckert, sondern geklotzt.
In einem chronologisch sortierten Parcours hängen Schätze wie «Blühender Baum» von 1925, das normalerweise im Nationalmuseum für moderne Kunst in Tokio hängt oder «Feuer Abends» aus dem Jahr 1929, das im Museum of Modern Art in New York beheimatet ist. Die Werke kommen aus den grossen Häusern und privaten Sammlungen.
Viele waren schon seit Jahrzehnten nicht mehr in der Schweiz zu sehen und werden wohl auch so schnell nicht wieder auf Reisen gehen.
Bei Beyeler werden die Schätze in dunkel getönten Sälen präsentiert, die das Gefühl einer gewissen Intimität vermitteln. Besser könnte es kaum sein.
Kamele und Gesichter
Wären da nicht die Häuser und Figuren in manchen Werken, die nicht so ganz zum Thema der Ausstellung passen wollen.
In «Kairuan, vor den Thoren», das eine nordafrikanische Landschaftsabstraktion in Blau und Hellbraun zeigt, ziehen Kamele durchs Bild.
In den Spätwerken formen sich die Zeichen und Buchstaben zu Gesichtern. Nein, als Vollblut-Abstrakter zeigt Paul Klee sich in dieser Ausstellung nicht. Das räumt auch die Kunsthistorikerin Anna Szech ein, die die Ausstellung kuratiert hat.
Klee sei anders als Kandinsky, mit dem er in Dessau Tür an Tür gewohnt hat, nie ein überzeugter Abstrakter gewesen, sagt Anna Szech. «Paul Klee balancierte zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit.»
Während Kandinsky mit seiner Abstraktion in späteren Jahren in eine selbst empfundene Sackgasse geraten sei, habe Klee die Abstraktion nur als eine Möglichkeit unter anderen begriffen.
Klee tobt sich auf der abstrakten Spielwiese aus
Für Klee war und blieb die abstrakte Malerei ein Experiment, ein Spielfeld, auf dem er sich ausprobieren, auf dem er mit Farbe und Form nach neuen Möglichkeiten suchen konnte.
Wie Klee immer wieder Gegenständliches ins Ungegenständliche einfliessen lässt, zeigt die Schau an vielen hervorragenden Beispielen aus allen grossen Werk- und Themenphasen des Künstlers.
Das und die vielen selten zu sehenden Bilder machen die Ausstellung zu einem lohnenden Ziel für Kunstinteressierte.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 29.9.2017, 17:22 Uhr.