In den Metallregalen des Historischen Museum Luzern stapeln sich die Überbleibsel der Zeit: Devotionalien, Schwerter, alte Rollstühle und vorsintflutliche Schreibmaschinen. Dazwischen, neckisch platziert: Fundstücke einer fiktiven Vergangenheit.
Sie dokumentieren eine angebliche Entwicklung der Roboter seit der Steinzeit. Entsprechend heisst die Ausstellung «The Unknown History of Robots». Die Besucher begeben sich also auf eine Reise durch die Jahrhunderte an der Grenze zwischen Fiktion und Realität.
Aus Liebe zu Geschichte und Robotern
Der schottische Zeichner Tom Gauld hat die reguläre Sammlung nach seinem Geschmack ergänzt. Er ist bekannt für seine Roboter-Cartoons und seine Vorliebe für Geschichte. Im Vorfeld des Festivals schlugen die Organisatoren das Museum als Ausstellungsort vor. Tom Gauld gefiel die Idee: «Es reizte mich, meine Arbeit an einem visuell belebtem Ort statt in der ‹weissen Zelle› einer Kunstgalerie zu zeigen.»
Einige Stücke hat Gauld eigens für das Fumetto angefertigt, nachdem er das Museum im Vorfeld der Ausstellung besucht hatte und durch die Sammlung des Museums auf neue Ideen kam.
Er verwendete verschiedene Materialien: Papier, Holz und sogar elektronische, interaktive Elemente für Besucher, die gerne Knöpfe drücken. Zum Beispiel das Roboter-Orakel, das kryptische Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens bereit hält.
Futuristische Schnitzeljagd durch die Epochen
Der Gang durch die Sammlung ähnelt einer Schnitzeljagd. Nicht immer fallen Tom Gaulds Stücke sofort ins Auge. Immerhin weisen kleine Schilder den Weg durch die ausladende Sammlung.
Wer mehr über die regulären Ausstellungsstücke erfahren will, kann sich mit einem Scanner ausrüsten. Denn die Stücke sind nicht beschriftet, sondern mit einem Strichcode versehen. Als Besucherin fühlt man sich wie ein futuristischer Archäologe, der sich auf die Spur der Roboter begibt.
Zwischen Wegwerfprodukt und intelligentem Wesen
Bei Devotionalien gibt es viel zu entdecken: Gauld hat die Sammlung der Heiligenbildchen ergänzt. Eine Papierkrippen zeigt drei Roboter als die heiligen drei Könige.
«Ich finde Roboter gleichzeitig lustig und tragisch. Diese Aspekte möchte ich auch in meinen Cartoons haben», erklärt Gauld seine Faszination für Roboter. «Roboter sind eine eigenartige Existenz irgendwo zwischen Wegwerfprodukt und intelligentem Wesen. Sie sind wie wir und gleichzeitig überhaupt nicht wie wir.»
Ein besonders Schmuckstück ist eine «Altartafel», auf der das Innenleben eines alchemistisch anmutenden Roboters abgebildet ist. Gaulds Stücke sind nicht nur dekorativ. Die pseudo-historische Inszenierung der Roboter ermöglicht der Betrachterin einen distanzierteren Blick auf die Geschichte.
Lehrreiche Geschichtsverfälschung
Tom Gaulds Zeichnungen sind oft reduziert. Einfache Striche, wenige Worte. So lassen sie Platz für Interpretation und kommentieren subtil die Sammlung des Museums. Zum Beispiel, wenn zwischen den Gemälden alter Luzerner Damen und Herren ein eingerahmter Comic-Strip hängt, in dem sich zwei Roboter darüber unterhalten, dass früher alles besser war. Roboter hätten damals noch gemacht, was man von ihnen verlangte.
Die Schnitzeljagd durch die Sammlung des historischen Museums macht Spass. Man mag sogar darüber debattieren, ob Tom Gaulds Ergänzungen in die Kategorie «komödiantische Geschichtsverfälschung» oder eher schon in die Kategorie «pädgogisch-wertvolle Geschichtsvermittlung» fallen.
Die Roboter regen den Entdeckergeist an. Die Distanz, die sie schaffen, ermöglichen eine neue Perspektive auf die Geschichte. Tom Gauld hofft, dass seine Ausstellung die Leute verführt: «Vielleicht werfen sie so auch einen genaueren Blick auf die echten Objekte im Museum.»