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Kunst Skandal-Fotograf Toscani: Effekthascherei oder Engagement?

Eine Magersüchtige, ein Aidskranker und eine Jüdin, die einen Palästinenser küsst: Toscanis Benetton-Plakate waren und bleiben ein Aufreger. Der Fotograf hat die Grenze von Galerie und öffentlichem Raum überschritten - und für viele auch die des guten Geschmacks. Ein Rückblick auf Leben und Werk.

Eine schwarze Frau hält ein weisses Baby an ihre Brust. Drei identische Herzen sind mit «white», «black» und «yellow» beschriftet. Das blutverschmierte T-Shirt eines erschossenen Soldaten zeigt ein Einschussloch. Das sind drei von unzähligen Werbefotos, die der italienische Fotograf Oliviero Toscani zwischen 1982 und 2000 für das Mode-Label Benetton geschossen hat. Mit seiner radikalen Bildsprache hat er die Werbefotografie auf den Kopf gestellt und selbst in liberalen Ländern wie Deutschland oder England Anklagen provoziert.

Oliviero Toscani

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Oliviero Toscani  studierte von 1960 bis 1965 Fotografie und Grafik an der Kunstgewerbeschule Zürich. Bekannt geworden ist er durch die Benetton-Werbekampagnen (1982 - 2000). Nach einer Werbekampagne gegen die Todesstrafe in den USA beendete er seine Zusammenarbeit mit Benetton, nachdem Luciano Benetton öffentlich von ihm distanziert hatte.

Effekthascherei?

Kritiker werfen Toscani vor Probleme zu fotografieren um Pullover zu verkaufen. Der Fotograf wechselt den Blickwinkel – und führt die Kritik damit ad absurdum: «Ich habe Pullover benutzt, um auf Probleme aufmerksam zu machen», so Toscani. Tatsächlich verbannt der italienische Fotograf das Produkt aus der Werbung und ersetzt es durch Kunstfotos mit gesellschaftspolitischen Botschaften. Mit dem Effekt, dass seine Bilder auch nach einem Vierteljahrhundert noch für ideologischen Zündstoff sorgen.

Politik der Bilder

Toscani lässt die reale Welt in die des Konsums einbrechen und überschreitet dabei oft die Grenzen des Erträglichen. Das ist nicht nur verstörend, sondern hat auch eine politische Dimension. Für seine Kampagnen lässt er ein jüdisches Mädchen einen Palästinenser küssen und einen Mönch eine Nonne. Er fotografiert Aidskranke oder zum Tod Verurteilte in amerikanischen Gefängnissen. Eine nackte, magersüchtige Frau starrt uns von einem Werbeplakat an. Pure Effekthascherei oder politische Reportage? - Beides. Es ist die Ambivalenz, die die Kunst von Toscanis Bildern ausmacht.

Kreativität ist subversiv

Toscani ist sich der Gratwanderung bewusst, die er mit seiner Fotografie begeht. Weil er lieber zu den Menschen auf der Strasse spricht als zu einem Biennale-Publikum, bedient er sich des Werbeplakats, statt der Galerie: «Kunst ist die höchste Form der menschlichen Kommunikation, aber Werbung ist die mächtigste». Gleichzeitig mahnt er aber: «Hören Sie sich an, was das Marketing sagt und machen Sie genau das Gegenteil!»

«Kreativität muss subversiv und verstörend sein. Als Künstler muss man die Regeln brechen. Den Mut haben, anders zu sein und so die Möglichkeit nutzen, einen freien Ausdruck zu kreieren». Dieses Credo hat Toscanis Arbeit durchwegs geprägt – weit über Benetton hinaus.

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