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Gemälde: Androgynes Paar huldigt Urania (Statue auf Sockel), darüber zwei Vögel.
Legende: Androgynes Paar huldigt der Venus Urania, Schutzpatronin der «Urninge», wie Homosexuelle einst bezeichnet wurden. Darüber zwei Vögel, die auch im Schubert-Kreis als Code für Männer galten. «Uraniens Flucht» (Detail), Moritz von Schwind, Kunsthalle Karlsruhe

Musik Das grosse Tabu um Franz Schubert

So weit als irgend möglich scheint Franz Schuberts Privatleben in diversen wissenschaftlichen Arbeiten kritisch aufgearbeitet zu sein. Trotzdem wird Schuberts Homosexualität bis heute tabuisiert.

1998 entbrannte ein Streit unter Musikwissenschaftlern. Dabei ging es um Franz Schuberts Sexualität. Auslöser war Maynard Solomon, der nach der Publikation eines Essays als Pornograf bezeichnet wurde. Solomon entschlüsselte in seinem Text folgenden Tagebucheintrag des Schubert-Freundes Eduard von Bauerfeld: «Schubert halbkrank (er bedarf «junger Pfauen» wie Benv. Cellini).» Die Interpunktion in dieser Notiz legt nahe, dass es sich nicht um eine medizinische, kulinarische oder ornithologische Bemerkung handelt.

Der homosexuelle Bildhauer Benvenuto Cellini verwendete in seiner Autobiografie nämlich manchmal Vögel als Synonyme für Männer.

Bild eines vergilbten, gelblichen Blattes mit schwarzer, geschwungener Schrift. Dahinter ausgeblichene Schrift.
Legende: Autograf der «Vita» (1566) von Benvenuto Cellini: amavo («ich liebte»), nicht ammazzavo («ich tötete»), wie sooft behauptet. Biblioteca Medicea Laurenziana / Donato Pineider

Auch im Schubert-Kreis fand sich dieser Code gelegentlich. Die Referenzstelle bei Cellini: «Ich versah meine Büchse mit dem Pulver, das keinen Lärm macht; dann lauerte ich jenen jungen Pfauen auf und jeden zweiten Tag liebte ich einen von ihnen.»

Homophobie entstellt Schuberts Kunst

Der Aufruhr erstaunt bis heute, gibt es doch einige Komponierende, deren Liebe zum gleichen Geschlecht dokumentiert und akzeptiert ist: Dame Ethel Smyth, Tschaikowsky, Cage, Henze, Britten und Poulenc sind Beispiele. Bei Robert Schumann gibt es neben seinen leidenschaftlichen Liebesbekundungen für Clara Wieck eindeutige Hinweise auf gelegentliche homosexuelle Aktivitäten mit mehreren Männern, von ihm selber und auch von ihr .

Äusserst bedenklich ist, dass Schuberts künstlerische Aussage teilweise bis heute unter Zensur leidet: Herausgeber und Interpreten verfälschen in einigen Werken homoerotische Inhalte, wie in «Jägers Liebeslied», «Uraniens Flucht» oder in den Platen-Liedern.

Schuberts Freundeskreis

Der Komponist beschrieb in Briefen und im Text «Mein Traum», dass er sich im Kreis seiner mehrheitlich kreativen Freunde am wohlsten fühlte. Mit einigen Mitgliedern dieses liberalen und untereinander teils promisken Männerbundes hatte wohl auch der Freigeist Schubert intimen Kontakt.

Mit den Dichtern Franz Schober und Johann Mayrhofer lebte er jeweils längere Zeit auf engstem Raum zusammen. Mayrhofer bekannte zu dieser Zeit in seiner dreiteiligen Gedicht-Folge «An Franz».

Mayrhofers Gedicht-Folge «An Franz»

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Du liebst mich! Tief hab ich's empfunden,

Du treuer Junge, zart und gut;

So stähle sich denn, schön verbunden,

Der edle, jugendliche Mut!

Wie immer auch das Leben dränge,

Wir hören die verwandten Klänge.

(…)

Doch lass uns treu, bis sich dem Willen

Die Bildung und die Kraft gesellt,

Als Brüder redlich bau’n im Stillen

An einer schönern, freien Welt;

Schubert und Schober kreierten als Zeichen ihrer Verbundenheit den gemeinsamen Namen «Schobert». Vom Maler Moritz von Schwind wurde Schubert begehrt und mit dem Sänger Johann Michael Vogel unternahm der Komponist mehrere lange Reisen.

Schuberts «Frauen»

Einige Frauengeschichten werden trotz Mangel an zwingenden Indizien konstruiert, zum Beispiel die Liaison zur Zofe Pepi Pöcklhofer oder die Liebe zu Karoline Esterhazy, der er 1818 im ungarischen Zeliz Klavierunterricht erteilte. Die Komtesse war damals 16 Jahre alt und Schubert schrieb in einem Brief an seine Freunde: «Fürchtet euch also nicht, dass ich länger ausbleiben werde, als es die strengste Notwendigkeit erfordert. […] Mit ewiger Liebe, Euer treuer Freund Franz Schubert.»

1824 schrieb er an Schober: «Nun sitz ich allein hier im tiefen Ungarlande in das ich mich leider zum zweiten Male locken liess, ohne auch nur einen Menschen zu haben, mit dem ich ein gescheites Wort reden könnte.»

Literaturhinweise

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Ilija Dürhammer: «Geheime Botschaften.» Böhlau-Verlag, 2006.

Susan McClary: «Music and Sexuality.» University of California Press, 1993.

Christoph Schwandt: «Unaussprechlich, unbegriffen.» Verlag edition text + kritik, 1997.

Maynard Solomon: «Franz Schubert and the peacocks of Benvenuto Cellini.» University of California Press, 1989.

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