Filmische Zeitreise durch die Schweizer Musikgeschichte
Staubsauger, Fernseher und Kühlschränke – was braucht man mehr? Die Wirtschaft der Nachkriegszeit brummt. Ganz Europa glaubt an eine neue prosperierende Zukunft. Doch irgendwas fehlt. Das Radio spielt Schlager, Instrumentals und Walzer. Aber nicht zu laut, denn das Radiohören bei offenem Fenster ist polizeilich verboten.
Dann kommt der Urknall der Popmusik: Elvis Presley singt 1954 «That’s Allright Mama» und zündet damit den Funken zu einem neuen Musikgefühl namens Pop, das sich wie in ein Lauffeuer mittels Jukebox, Magazinen und Konzerten verbreitet.
Die Ausstellung «Oh Yeah» zeigt eindrücklich die Schweizer Perspektive auf dieses globale Phänomen. Erfahrbar hauptsächlich über die eigenen Ohren: Der Schweizer Radiopionier FM Mürner führt als Erzählerstimme durch 60 Jahre Musikgeschichte.
Aloha aus Basel
Die in den Kriegsjahren populäre Kombination von amerikanischem Swing und heimeligen Dialektliedern ziehen in den 50ern nicht mehr. Eine Entdeckung der Ausstellung sind die zaghaften musikalischen Anfänge der Schweizer Popmusik.
In den frühen Zeiten des Konsumrausches schleicht sich bei der Schweizer Jugend in der Mitte des letzten Jahrhunderts das Fernweh ein. Die musikalische Antwort darauf: Hawaii-Bands. Die Basler Bands Hula Hawaiians und Tahiti Hawaiians spielen Instrumental-Rockstücke. Zu dieser Zeit formiert sich auch Honolulu Girls, die erste Girlgroup der Schweiz. In der Westschweiz zündet der Funken von Elvis zuerst: Der frühe Rocker Gabriel Dalar feiert sogar in Frankreich Erfolge. Hunderte Bands werden gegründet. Eine enthusiastische Bewegung, die erst von den Beatles verdrängt wird. Auch in der Deutschschweiz verliert das Land langsam die musikalische Unschuld. Halbstarke, Beatbands und Teufelsgitarren erobern die Konzertlokale. So auch die Band Hellfire bei einem Konzert an der Zürcher Langstrasse. Ein Fernsehteam ist vor Ort. Der verdutzte Reporter fragt: Weshalb müssen hier auch alle kreischen? Bald hat jedes Dorf seinen John Lennon.
Generation Pop
Mitte der 60er-Jahre werden die Kleider bunt und der musikalische Horizont breiter. Die Ausstellung im Berner Museum für Kommunikation hat hier gesellschaftliche Bezüge herausgearbeitet: der Einfluss der Beatles, der Hippies oder auch, wie ein Konzert von Jimi Hendrix im Zürcher Hallenstadion zum Vorspiel der Schweizer 68er-Unruhen wurde. Aus dem Psychedelic Rock und Progrock treten Krokus und andere Heavy Metal Bands ins Rampenlicht. Gleichzeitig öffnen Rumpelstilz und später Züri West dem Mundart-Pop endlich Tür und Tor.
Im Nährboden der 80er erkämpft sich die Punkszene ihren Freiraum. Bald entsteht eine neue Radiolandschaft, die sich ans jüngere Publikum richtet und so den Grundstein für neue lokale Bands schafft. Von der Gründung des Fernsehsenders MTV profitieren jedoch vor allem internationale Bands. Doch mit dem Elektropop-Duo Yello gehört auch eine Schweizer Band zur prägenden Figuren der Musikvideo-Kultur. Stellvertretend für die 90er-Jahre dröhnen Techno, Hip-Hop, Eurodance und DJ Bobo durch die Ausstellungskopfhörer.
Musikalische Sehnsüchte
In einem separaten Raum wird der Besucher zur Schweizer Musik von heute geführt: Gemäss dem digitalen Zeitgeist zeigen die Ausstellungsmacher Sam Mumenthaler und Kurt Stadelmann keine Objekte mehr. Vielmehr läuft eine visuelle Bilderflut von 42 Musikvideos auf drei grossen Projektionsflächen. Wenn der Besucher jedoch lange genug davor verweilt, entdeckt er dieses Fernweh wieder, das die Schweizer in den 50er-Jahren zur Popmusik gebracht hat. Die Reggae-Beats von «Phenomden» bringen die heimischen Sehnsüchte des Fremden noch immer so rüber, wie es damals wohl die Basler Hawaii-Gitarren getan haben.
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Bild 1 von 12. Die Ausstellung nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch 60 Jahre Popmusik in der Schweiz vom Rock’n’Roll der 1950er-Jahre bis zur elektronischen Musik von heute. Bildquelle: ZVG.
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Bild 2 von 12. Ist er ein Vorreiter der Schweizer Pops? Der Schweizer Schlagersänger und Showmaster Vico Torriani während eines Auftritts 1950. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Aloha from Basilea: Mit ihrer sehnsüchtigen Fernweh-Musik surften die Basler «Tahiti Hawaiians» in den 50ern als eine der ersten Bands auf der Popwelle. Bildquelle: ZVG.
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Bild 4 von 12. «Les Sauterelles» posieren im April 1969 stolz vor einem Auto. Im Mittelpunkt mit modischer Sonnenbrille: Toni Vescoli. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Nein, das sind keine Hanfpflanzen im Vordergrund. Die Schweizer Rockband Rumpelstilz war bei der Mundartwelle ganz vorne dabei. Hier im Februar 1977. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Mittlerweile solo: Der König des Mundart-Rocks Polo Hofer schreibt im März 1995 ein Autogramm auf ein T-Shirt eines jungen Fans. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. Mit wirbelndem Haar wird er populär im frankophonen Raum. Stephan Eicher bei einem Konzert am Unspunnenfest in Interlaken im September 1993. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. Die Berner Szene beherrscht den Mundartrock: Kuno Lauener, Sänger von Züri West, zeigt sich in Rockstarpose bei einer Aufnahme von 1994. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Die Schweizer Band Yello gelten als Pioniere der Techno-Bewegung. Die beiden Musiker Boris Blank und Dieter Meier zeigen sich gut gelaunt im September 2003. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Schweizer Hardrock wurde zum musikalischen Exportartikel Nummer eins. Gotthard präsentiert sich stolz im Januar 1994 in Zürich mit dem mittlerweile verstorbenen Sänger Steve Lee. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. Der ehemalige Aargauer DJ hat unter seinem Namen DJ Bobo den Eurodance gross herausgebracht. Anlässlich seiner «Vampires Alive Tour» stellte er seinen Showact in der Koelnarena im Mai 2008 vor. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Schweizer Hip Hop boomt seit einigen Jahren. Der Rapmusiker Bligg, 2006, anlässlich der Lancierung von «Mit Liib und seel». Bildquelle: Keystone.