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Regale mit Synthesizern
Legende: Etwa 1000 Synthesizer stehen in der Sammlung des SMEM. SMEM/Margaux Kolly

Elektronische Musik Im Versteck der verrückten Synthesizer

In Fribourg ist die grösste Sammlung elektronischer Musikinstrumente der Schweiz ausgestellt. Fast 70 Jahre Synthesizer-Geschichte stehen hier. Die Sammlung will sich als weltweites Zentrum für elektronische Musikinstrumente etablieren.

Um in die Geschichte der elektronischen Musikinstrumente abzutauchen, muss ich tief hinunter – ins zweite Untergeschoss einer Lagerhalle. In riesigen Regalen liegen hier hunderte von Synthesizern. Manche aus Holz, manche aus Plastik, schwarz, grau, orange, braun.

Eines der Prachtstücke in der Sammlung ist ein hellgrauer Synthesizer im typischen 1970er-Jahre-Design. Ein Yamaha Electone GX-1 aus dem Jahr 1975. Vier Klaviaturen hat er und Unmengen von Knöpfen und Reglern.

Instrumente sollen genutzt werden

Während Manuel Oberholzer, Musiker und Mitarbeiter im SMEM, eine Steckdose sucht, frage ich Christoph Allenspach nach dem Ziel der Ausstellung. Dem Direktor des Synthesizer-Museums ist etwas besonders wichtig:

«Wir wollen kein Museum aufbauen, in dem man die Instrumente nur ansehen kann. Das Ziel ist, diese Instrumente auch wirklich zu nutzen. Wir wollen mit Musikern arbeiten, die hier im Lager Studioaufnahmen machen können.» Und die Sammlung soll für ein breites Publikum zugänglich sein: «Wir machen Führungen und Workshops, in Zukunft auch für Schulklassen.»

Mehrere Synthesizer stehen bereti für ein Konzert.
Legende: Die Instrumente der Sammlung werden nicht nur ausgestellt, sie sollen auch gespielt werden. SMEM/Margaux Kolly

Mittlerweile hat Manuel Oberholzer den Electone GX-1 an den Strom angeschlossen und spielt: einen kaum hörbaren tiefen Ton mit den Fusspedalen, wie bei einer Kirchenorgel. Auf den zwei Klaviaturen spielt er mit den Fingern verschieden Akkorde und springt auch auf die oberste Klaviatur – Tasten mit eingebauter Vibrato-Funktion.

Sammlung mit bewegter Geschichte

Seit April stehen die Regale mit den rund tausend Instrumenten hier auf dem ehemaligen Gelände der Cardinal-Brauerei in Fribourg. Eine Sammlung mit einer bewegten Geschichte, erzählt Christoph Allenspach:

«Es ist eine einzige Person, die das zusammengetragen hat. Clemens Trenkle, ein Basler. Er war ziemlich visionär: In dem Moment als die Musiker diese Instrumente weggeschmissen haben, hat er sie in seine Sammlung aufgenommen.»

Der leidenschaftliche Sammler konnte seinen Traum von einem Museum jedoch nie umsetzen, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. «Er hat dann uns angefragt, und nach kurzem Zögern haben wir zugesagt.»

SMEM

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Legende: SMEM/Margaux Kolly

Das Schweizerische Museum für elektronische Musikinstrumente (SMEM) hat noch keine fixen Öffnungszeiten. Gruppen oder interessierte Musiker können über die Homepage für Termine anfragen.

Instandsetzung der alten Instrumente

Als nächstes wird die Gruppe der Synthesizer-Spezialisten, die das Museum als Verein betreibt, alle Instrumente katalogisieren und die defekten Synthesizer reparieren. Wie etwa das älteste Instrument in der Ausstellung, ein Novachord von Hammond aus dem Jahr 1938. Ganz aus Holz, es erinnert an einen kleinen Flügel.

Manuel Oberholzer zeigt mir, wie es im Innern aussieht – alles voller Lampenbirnen, Röhrenverstärker sind das. «Jede Note hat eine oder mehr Lampen. Wenn man es spielt, leuchten diese Lichter wunderschön auf.»

Einzigartige Sammlung

Wie einzigartig ist diese Synthesizer-Sammlung? «Meines Wissens gibt es in Europa nichts Vergleichbares», sagt Manuel Oberholzer. «Es fehlen nur noch ein paar ganz spezielle Synthesizer, um weltweit ein absolut grosser Wurf zu sein.»

Aber schon jetzt sieht der Direktor des SMEM, Christoph Allenspach, grosses Potenzial: «Diese analogen Geräte haben einen sehr authentischen Klang. Für eine jüngere Musikergeneration ist es derzeit das Grösste, mit diesen alten Instrumenten zu arbeiten.»

Jedes der tausend Instrumente hat seine Berechtigung hier zu sein, finden die Betreiber, weil jedes ein Teil der rund 70-jährigen Geschichte der elektronischen Musikinstrumente darstellt – von der elektronischen Orgel, die bis vor kurzem noch in einer Kirche stand, bis zum kleinen Kindersynthesizer, etwa der Bontempi. Ein einfacher oranger Plastikkasten mit ein paar wenigen Tasten und Reglern.

Entdecken und ausprobieren

Plötzlich läuft Christoph Allenspach davon und kehrt mit einer Kartonkiste zurück. «Millioniser» steht darauf, eine E-Mundharmonika ist drin. Manuel Oberholzer packt das Instrument aus und verbindet es mit einem Verstärker.

Auch er hat so was noch nie gesehen, geschweige denn gespielt. Er bläst rein. Ein krummer Sound erklingt, mehr ein lautes Rauschen als ein Ton. Der Musiker lacht: «Ein bizarres Instrument! Ich müsste wohl noch etwas üben.»

Entdecken und ausprobieren – das ist die Devise hier im Museum für elektronische Musikinstrumente. Nicht nur für Musiker und Besucherinnen, sondern auch für die Betreiber selbst.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 14.08.2017, 17:22 Uhr

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