«Casino Style», «tonhalleLATE», «Cube Concerts» oder «YNight» – diese Veranstaltungen haben alle dasselbe Ziel: der Klassik das Make-Up abwischen. Sie tun dies allerdings auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Party im Klassiktempel
Die altehrwürdigen Konzertsäle öffnen ihre Pforten und verwandeln ihre Bühnen in Dancefloors, die Foyers in Chillout-Lounges. Vorreiter in der Schweiz ist die Tonhalle. Vor gut zehn Jahren hat sie die Veranstaltung «tonhalleLATE» ins Leben gerufen. Das Motto: Erst Klassik, dann Club. Um 22 Uhr spielen hochkarätige junge Interpreten wie die Geigerin Julia Fischer ein stündiges Konzert, anschliessend legen im Vestibül die DJs auf.
Beim «Casino Style» in Zug ist das Konzept ganz ähnlich, mit Ausnahme des kultigen Klassik-Battles, der jeweils kurz nach Mitternacht stattfindet. Zwei klassisch ausgebildete Musiker schlagen sich Evergreens der Klassik um die Ohren: Griegs «Bergkönig» trifft auf Dvoraks «Humoresque» und Beethovens «Elise» – die jungen Erwachsenen johlen begeistert.
Classic goes Club
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Seit letztem Jahr wird das Feld mit der umgekehrten Strategie von hinten aufgerollt: Die Klassik geht in den Club. Zwar hat die auf Klassische Konzerte in Clubs spezialisierte Berliner «Yellow Lounge» schon Abstecher in die Schweiz gemacht, dass es nun auch hierzulande feste Veranstaltungsreihen gibt, ist neu. In Basel sind das die «Cube Concerts», in Zürich die «YNight».
Beide Veranstaltungen hatten im letzten Oktober ihre Premiere und stecken noch in der Anfangsphase. «Klassik ohne Make-Up» nennt Etienne Abelin seine «YNight», Konzerte ohne Anzug und und die üblichen Rituale.
Der Geiger und Organisator hat seit letztem Herbst vier Veranstaltungen im Club «Blok» durchgeführt. Verschiedene Elemente dominieren jeweils die Nacht: Es gibt zwei bis drei kurze Sets mit klassischer Musik, dazwischen legen DJs auf: es darf auch mal ein Remix von Brahms sein. Das Ganze wird von einem Moderator und Visuals begleitet.
Offen für Neues
«Viele junge Leute haben klassische Musik auf ihrem iPhones, gehen jedoch nicht in den Konzertsaal, weil ihnen das Setting nicht zusagt», sagt Etienne Abelin. «Wir lösen Klassik aus dem ritualisierten Konzertabend und setzten sie in einen neuen Kontext». Für Etienne Abelin ist der Club dafür der ideale Ort, weil sich Jugendliche dort wohl fühlen. So kann «Klassik alltäglich und zwanglos werden».
Das Korsett sprengen
Für die klassischen Musiker sind Konzerte im Club ein Befreiungsschlag, sagt Etienne Abelin: «Die Interpreten treten in Jeans und T-Shirts auf und entdecken altbekannte klassische Werke neu. Der Umgang mit den Stücken ist rauer, radikaler und unmittelbarer als im Konzertsaal – zwischendurch trinken sie ein Bier.»