Ein mulmiges Gefühl hatte früher, wer als Konzertbesucherin oder -besucher aus dem grossen Tonhalle-Saal in das angrenzende Pausenfoyer ging. Da fehlte etwas, was nun wieder da ist: Der verbindende Gebäudeteil zwischen dem Musiksaal und den Räumlichkeiten für Kongress atmet wieder.
Es ist Luft da und Licht. Grosse Fenster, die den Blick auf den See und die dahinter liegenden Alpen freigeben. Die Architekten Boesch Diener haben bei ihrem Umbau einen Raum entfernt, der genau diesen Blick versperrt hatte. Nun kann man sein Pausen-Cüpli sogar im Freien auf einer Terrasse einnehmen. So lassen sich Sinfonien einfach besser verdauen.
Mehr Licht, mehr Grün
Auch im Erdgeschoss atmet es sich freier seit dem jüngsten Umbau. Der Tonhalle aus dem späten 19. Jahrhundert wurde 1939 zwar ein moderner Anbau zur Seite gestellt. Dessen Architekten Haefeli Moser Steiger spielten aber ganz bewusst mit Elementen aus der alten, üppig mit Gipsstukkaturen dekorierten Tonhalle.
Florale Muster etwa finden sich in den Lampen, die sich wie Gewächse um die Säulen ranken. Überhaupt liess man damals die Natur zum Zuge kommen. Ein begrünter Innenhof ist seit dem jüngsten Umbau wieder sichtbar. Das vermehrt einströmende Tageslicht, auch im Tonhalle-Saal, vereint die beiden unterschiedlichen Bauten unter einer gleichen Atmosphäre.
Der Umbau hebt die vereinenden Elemente hervor. Die Formel, Kongresshaus pfui, Tonhalle hui, gilt heute also nicht mehr. Boesch Diener haben beiden Bauten gleichermassen in ihrer Eigenständigkeit bestärkt. Auch, indem sie spätere Anbauten, Kleisterschichten der Zweckmässigkeit, entfernt haben.
Dezenz ist Trumpf
Im Vergleich zum vor einem Jahr wiedereröffneten, renovierten Musiksaal des Stadtcasinos Basel wirkt der Grosse Tonhalle-Saal auch nach seiner Renovation gedämpft in den Farben. Wo man in Basel auf Brillanz setzte, etwa mit neuer Vergoldung, da steht Zürichs Saal zu seinen knapp 130 Jahren.
Farben, die 1939 reduziert wurden, sind im Saal zwar wieder sichtbar. Die Säulen sind wieder rot. Die Deckenfresken aufgefrischt. Aber alles dezent. Auch die Vergoldung wurde nicht erneuert. Die Innenausgestaltung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Zürcher Denkmalpflege.
Technisch wurde der Saal für die Anforderungen eines zeitgemässen Konzertbetriebes fitgemacht. Etwa für die vermehrte Aufzeichnung von Bild und Ton. Verbesserungen gab es auch punkto Künstlerräumlichkeiten.
Zudem wurde der Saal durch eine intensive Reinigung sprichwörtlich entstaubt – auch akustisch. Wie er im Konzert klingt, wird sich nach der Eröffnung mit Gustav Mahlers Dritter Sinfonie erst zeigen. Optisch jedenfalls harmonieren Kongresshaus und Tonhalle wieder stärker. Harmonie am Zürichsee.