In den Tiefen des Grossstadtmolochs Metropolis ist eine Frau, die sich Maria nennt, dabei, die Arbeiter zur Revolte aufzuwiegeln. Und obwohl sie der echten Maria aufs Haar gleicht, ist sie nicht die friedfertige Prophetin, die uns vorher in diesem Film begegnet ist; sie ist noch nicht einmal ein menschliches Wesen, sondern ein Maschinen-Mensch.
Der Maschinen-Mensch in Fritz Langs «Metropolis» war nicht der erste Roboter der Filmgeschichte; diese Ehre kommt wahrscheinlich einer Figur in «Gugusse et l'automaton» des Filmpioniers Georges Méliès zu. Genau weiss man das nicht, denn der Film von 1897 gilt als verschollen.
Roboter - ein Zwangsarbeiter
Unter den frühen Filmrobotern ist die von Brigitte Helm verkörperte Maria aber zweifellos der bekannteste. Und die Art und Weise, wie Maria sowohl in der dekadenten Oberschicht von Metropolis als auch im Untergrund, wo das Proletariat haust, für Verwirrung und Unglück sorgt, wie sie die Grenze zwischen Mensch und Maschine verwischt, ist geradezu prototypisch für die Figur des Roboters. Denn diese ist von jeher schwer zu fassen, entzieht sich klaren Kategorien.
Das beginnt schon beim Wort selbst: Der Begriff «Roboter» als Bezeichnung für einen künstlichen Menschen geht auf das 1921 erschienene Theaterstück R.U.R. des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek zurück und lehnt sich am tschechischen «robot» an, was so viel wie «Zwangsarbeit» bedeutet.
Allerdings handelt es sich bei Čapeks Robots nicht um Maschinen, sondern um organische Kreaturen, die man heute als Androiden bezeichnen würde. Und als wäre das nicht schon verwirrend genug, geistern in der Science-Fiction noch die Begriffe Cyborg und Replikant umher.
Unabhängig davon, welche Bezeichnung man verwendet – der künstliche Mensch in all seinen Formen, vom Homunculus über den Golem, Frankensteins Kreatur und dem Automat Olimpia in E. T. A. Hoffmanns «Sandmann» bis zu den Robotern der Science Fiction, ist eines der langlebigsten Motive der Kulturgeschichte. Kein Wunder also, dass er auch im Film häufig zu finden ist.
Stark und unbarmherzig - gross und komisch
Da gibt es etwa den unheimlichen Gort aus «The Day the Earth Stood Still» von 1951. Ein Metallhüne, aus dessen Sehschlitz ein schrecklicher Laserstrahl fahren kann, dem kein irdischer Schutzschild widersteht. Weitaus freundlicher ist sein kleiner Cousin Robby, der fünf Jahre später in «Forbidden Planet» für «Comic Relief» sorgt. Robby wartet ebenfalls mit einem Laser auf, spricht im Gegensatz zum stummen Gort aber 188 Sprachen und kann jede bekannte Substanz synthetisieren. Aufgrund seiner Programmierung ist er aber unfähig, einem Menschen auch nur ein Haar zu krümmen.
Mit Maria, Gort und Robby ist das Feld filmischer Roboter grob abgesteckt: Vom Maschinen-Menschen, der von einem echten Menschen kaum zu unterscheiden ist, bis zur friedfertigem übergrossen Registrierkasse Robby, und von diesem zur Kampfmaschine Gort.
Kontrastfigur zum Menschen
Wie hier bereits deutlich wird, lassen sich Roboter im Film kaum über einen Kamm scheren. Und doch gibt es etwas, was sie alle verbindet: Roboter sind grundsätzlich nicht-menschlich. Das mag sich banal anhören, ist aber die Quelle ihrer Faszination und der Grund, weshalb sie so beliebte Figuren sind. Als nicht- und oft auch unmenschliche Wesen funktionieren Roboter stets als Gegenbilder zu uns Menschen.
So sehr sich die künstlichen Menschen im Aussehen und ihren Fähigkeiten auch unterscheiden mögen, indem sie bestimmte – positive oder negative – Eigenschaften verkörpern, fungieren sie stets als Gegenentwurf zum menschlichen Personal der Filme, wirken als Kontrastfiguren.
Sie können für das absolut Böse stehen wie der Ur-Terminator T-800 in James Camerons Action-Meilenstein von 1984 oder verkörpern kindliche Harmlosigkeit wie Robby, WALL-E oder der ursprünglich als Kampfroboter konzipierte Protagonist aus «Short Circuit» (hierzulande besser bekannt unter dem Titel «Nummer 5 lebt!»).
Emotionen - der letzte Unterschied?
Am interessantesten wird es aber immer dann, wenn sich Roboter an einen Bereich heranwagen, den wir Menschen exklusiv für uns beanspruchen: die Emotionen. Dass Maschinen leistungsfähiger sind als wir, dass sie schneller rechnen und besser mit grossen Datenmengen umgehen können, sind wir uns gewohnt. Was uns noch unterscheidet, ist unser Gefühlsleben.
So hat es denn auch etwas Beruhigendes, dass das Enterprise-Besatzungsmitglied Data aus «Star Trek - The Next Generation» zwar hochintelligent ist, aber gefühlsmässig ein Krüppel bleibt. Eine weitaus grössere Herausforderung stellen die zu Emotionen begabten Replikanten in «Blade Runner» oder der kleine David in Steven Spielbergs «A.I. Artificial Intelligence» dar.
Äusserlich sind sie kaum mehr von Menschen zu unterscheiden, und doch bleibt da der Unterschied der Herkunft, ein Defizit, dessen sich die überaus sensiblen Maschinen schmerzlich bewusst sind. In diesen Filmen wird der eigentliche Kern, der letztlich allen Robotergeschichten zugrunde liegt, besonders augenfällig: Die Frage, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.