Beim jüngsten Flüchtlingsdrama vor Lampedusa sind möglicherweise mehr Menschen ums Leben gekommen, als befürchtet. Wie das UN-Flüchtlingswerk UNHCR unter Berufung auf Aussagen von Überlebenden verkündete, ist möglicherweise von 330 Todesopfern auszugehen.
Drei oder gar vier Boote?
Bei schlechtem Wetter und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt seien drei Schlauchboote mit Flüchtlingen von Libyen nach Sizilien unterwegs gewesen. Auf einem waren bereits zu Beginn der Woche 29 Menschen erfroren. Auf zwei anderen Booten hätten sich mehr als 210 Menschen befunden. «Von diesen überlebten nur neun», erklärte UNHCR-Sprecherin Carlotta Sami. «Sie wurden nach vier Tagen auf dem Meer gerettet. Die anderen 203 hat das Meer verschluckt.»
Überlebende haben indessen von einem vierten Boot berichtet mit möglicherweise weiteren 100 Menschen an Bord. Was mit ihnen geschehen ist, konnte bis dato nicht festgestellt werden.
Flüchtlingszahlen haben sich verdreifacht
Im vergangenen Jahr sind nach UNHCR-Angaben mindestens 384'000 Menschen in zum Teil seeuntüchtigen Booten aus ihren Heimatländern geflohen.
200'000 haben über das Mittelmeer EU-Staaten erreicht. Das sind drei Mal so viele, wie im Jahr 2011, als die Zahl während des libyschen Bürgerkriegs auf 70'000 hochgeschnellt war. Mehr als 100'000 Flüchtlinge aus Afrika oder dem Nahen Osten hat die italienische Marine gerettet. Und mindestens 4200 Menschen haben auf See ihren Tod gefunden.
Papst ruft zu Solidarität auf
Das bittere Schicksal hunderter geflohener Menschen hat Papst Franziskus zu einer Stellungnahme veranlasst. Er rief zur Solidarität mit den den Flüchtlingen und zu Hilfeleistungen auf.
Ferner dürfte das jüngste Unglück auch die politische Debatte befeuern. Dass die von Italien lancierte Rettungsmission «Mare Nostrum» von der EU-Grenzschutzmissione «Triton» abgelöst worden ist, verdriesst Menschenrechtsorganisationen und Politiker in Italien. Sie halten das neue Programm für unzureichend.