Nach der Festnahme des mutmasslichen Terroristen Salah Abdeslam geht die Suche nach weiteren Beteiligten der Anschläge von Paris weiter. «Wir sind mit extrem grossen Netzwerken konfrontiert», sagte Frankreichs Präsident François Hollande am Freitagabend.
Die Zahl derjenigen, die sich an der Vorbereitung der Pariser Anschläge mit 130 Toten in verschiedener Form beteiligt hätten, sei grösser als zunächst angenommen. Aufgabe der Ermittler sei es, alle zu identifizieren, sagte Hollande.
Schnelle Auslieferung geplant
Abdeslam wird zur Zeit von der belgischen Polizei verhört, wie SRF-Korrespondent Charles Liebherr sagt. Er werde wohl bald schon an die französischen Behörden übergeben. Diese hoffen mit dem mutmasslichen Drahtzieher die noch offenen Frage zu den Pariser Anschlägen klären zu können.
Der französische Verteidigungsrat und der belgische Sicherheitsrat kommen an diesem Samstag zusammen, um über die aktuelle Lage zu beraten. Die Auslieferung Abdeslams sei lediglich eine Formalie, sagte der belgische Justizminister Koen Geens. Abdeslam wäre der erste Terrorverdächtige, dem wegen der Pariser Anschläge in Frankreich der Prozess gemacht wird.
Weitere Verdächtige festgenommen
Der 26 Jahre alte Franzose wurde am späten Freitagnachmittag von Anti-Terror-Fahndern in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen, wo er einst aufwuchs.
Beim Zugriff von Spezialkräften wurde er leicht am Bein verletzt, danach in eine nahe gelegene Klinik gebracht. Inzwischen hat er diese wieder verlassen, wie die Nachrichtenagentur Belga brichtet.
Insgesamt nahmen die Ermittler nach eigenen Angaben fünf Verdächtige fest – darunter offenbar eine Familie, die Abdeslam Zuflucht gewährte.
Alle anderen Attentäter offenbar tot
Mit Abdeslam scheint nun der einzige Überlebende einer beispiellosen Terrorserie gefasst. Die anderen bisher bekannten Beteiligten der Anschläge auf den Musikklub «Bataclan» sowie mehrere Bars und Restaurants und am Stade de France sind tot. In Abdeslam sehen die französischen Behörden das noch fehlende Glied in der Terrorkette.
Hollande sagte, ein Mitwirken Abdeslams an den Attentaten stehe ausser Zweifel. «Er war in Paris an diesem schrecklichen Abend des 13. November. Es ist sicher, dass er in der ein oder anderen Art und Weise an den Anschlägen beteiligt war.»
Abdeslams Rolle noch nicht bekannt
Abdeslam ist der Bruder eines der Pariser Selbstmordattentäter, die europäische Polizeibehörde Europol führte ihn auf ihrer Liste der meistgesuchten Personen. Der Franzose nordafrikanischer Herkunft war nach den Anschlägen von Paris nach Belgien entkommen, auf dem Weg dorthin passierte er unbehelligt eine Polizeikontrolle. In Belgien fanden Ermittler dann im Dezember ein mögliches Versteck. Danach verlor sich seine Spur.
Die Ermittler gehen davon aus, dass er zu einem der drei Killerkommandos vom 13. November gehörte. Seine genaue Rolle im Zusammenhang mit den Anschlägen ist bislang nicht bekannt.