Ein Scharfschütze hat heute früh den Bürgermeister der ostukrainischen Stadt Charkow, Gennadi Kernes, angeschossen. Kernes liegt jetzt mit einer schweren Rückenverletzung im Spital.
Gemäss Christoph Wanner in Donezk gehörte Kernes anfangs zu jenen, welche die pro-westliche Demonstrationen auf dem Maidan abgelehnt habe. «Er sprach sich stets gegen den Umsturz der Regierung aus und gegen die Vertreibung Janukowitschs», sagt der SRF-Korrespondent. Dann schliesslich sei eine komplette Wende erfolgt, und Kernes habe sich der pro-westlichen Übergangsregierung angeschlossen.
Wanner schliesst nicht aus, dass es sich bei den Tätern um Feinde handelt, um pro-russische Aktivisten. Eines steht aber fest: «Die Lage derzeit in der Ukraine ist so angespannt, so gefährlich, dass jeder Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann», stellt Wanner klar. Tagtäglich komme es in ukrainischen Städten zu grossen Massenschlägereien.
Keine Entspannung in Sicht
Charkow ist die zweitgrösste Stadt der Ukraine. Sie liegt im Osten des Landes, wo sich die Lage in den vergangenen Tagen immer weiter verschärft hatte.
Mittlerweile sind dort rund ein Dutzend Städte unter der Kontrolle pro-russischer Milizen. In der Stadt Slawjansk halten sie seit Freitag mehrere Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest.
Eine Entspannung zeichnet sich bislang nicht ab – im Gegenteil. In Konstantinowka, knapp 60 Kilometer nördlich der Gebietshauptstadt Donezk, stürmten Separatisten eine Polizeistation.
Zudem beschossen Unbekannte die Regierungseinheiten auf dem Militärflugplatz Kramatorsk rund 40 Kilometer nördlich. Zwei Sicherheitskräfte wurden verletzt.
Referendum gefordert
Der Gouverneur von Donezk, Sergej Taruta, und der Donezker Bürgermeister Alexander Lukjantschenko sprachen sich unterdessen für ein landesweites Referendum aus. Parallel zu den Präsidentenwahlen am 25. Mai sollten die Bürger der Ex-Sowjetrepublik über zusätzliche Vollmachten für die Gebietsregierungen entscheiden.
Pro-russische Protestführer fordern seit Wochen in Donezk und Lugansk eine Volksabstimmung, eine weitreichende Föderalisierung oder sogar eine Loslösung von der Ukraine wie zuletzt bei der Halbinsel Krim.