Nieder mit der Regierung! Die Proteste in Kosovo reissen nicht ab. Am Unabhängigkeitstag vor einer Woche demonstrierten Zehntausende. Darunter auch eine Gruppe aus der Schweiz. Kosovarische Secondos mit Schweizer Pass, guter Ausbildung und revolutionärem Geist – wie Betriebsökonomin Njomza Gutaj aus dem Kanton Zürich: «Die Korruption der Regierung und die sozialen Missstände sind nicht mehr haltbar. Ich bin hier, weil ich meine Familie unterstützen will. Damit sie in Kosovo ein besseres Leben hat.» Njomza Gutaj ist im Vorstand von Vetëvendosje Schweiz. Die grösste Oppositionsbewegung Kosovos hat eine Schweizer Sektion.
Vereinigung mit Albanien und Tränengas
Vetëvendosje heisst Selbstbestimmung – und ist umstritten: Ihr Gründer Albin Kurti fordert das Recht Kosovos, über die Vereinigung mit Albanien abzustimmen. Die internationale Gemeinschaft fürchtet ein Grossalbanien.
Einen serbischen Gemeindeverband innerhalb Kosovos bekämpft die Bewegung mit Tränengasattacken im Parlament. Verantwortlich: Der Schweizer Faton Topalli, SP-Mitglied aus Schaffhausen und jetzt Abgeordneter von Vetëvendosje. Das Abkommen verstosse gegen die Verfassung, so Topalli: «Da braucht es etwas Tränengas, damit die Leute besser sehen können.»
Albin Kurti begrüsst das Engagement der Schweizer Diaspora für seine Sache. Er sei interessiert an ihrer guten Ausbildung: «Die albanische Jugend, die in der Schweiz lebt, hat höhere Ambitionen für Kosovo als die Albaner, die in Kosovo selbst leben. Die Albaner in der Schweiz wissen, wie sich die Verhältnisse verändern lassen.»
Die Schweizer Sektion bestreitet, die Geldbeschaffungsmaschine von Vetëvendosje zu sein – im Gegenteil, betont Njomza Gutaj: «Die Bewegung interessiert sich für unsere Erfahrungen und Inputs. Man kann nicht jeden Tag an einer Staatsgestaltung dabei sein.»
Enge Verbindungen zur SP
Zwischen Vetëvendosje und der SP Schweiz gibt es enge Verbindungen: Ideologisch und personell über Doppelmitgliedschaften in beiden Parteien. Die Schweizer Sektion von Vetëvendosje will die Beziehungen vertiefen, um die albanisch-sprachigen Schweizer politisch zu aktivieren.
Die SP begrüsst dies, geht aber auch auf Distanz. Peter Hug, internationaler Sekretär der SP hält fest: «Das Führen von Parlamentsdebatten mit Tränengas und die Vereinigung mit Albanien sind für uns absolute ‹No-Gos›. Aber bei 80 Prozent Übereinstimmung mit der Bewegung sollen 20 Prozent nicht zum Abbruch der Beziehungen führen. Wir setzen auf einen kritischen, solidarischen Dialog.»