In der Nacht zum Montag hat die lange erwartete Militäroffensive zur Befreiung der IS-Hochburg Mossul begonnen. Sie wird geführt von einer Koalition ungleicher Partner. Die USA bombardieren, Sunniten, kurdische Peschmerga und irakische Armee kämpfen am Boden. Im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) ist man sich zwar einig, doch darüber hinaus verfolgt jede Partei Einzelinteressen, die weit über den Fall von Mossul hinausgehen und zum Teil brisant sind.
«Die irakische Armee muss endlich zeigen, dass sie handlungsfähig ist», sagt Nahost-Korrespondent Ulrich Tilgner. Die Einnahme Mossuls durch reguläre Truppen wäre ein Beweis für die wiedergewonnene Schlagkraft der Truppe und würde ihr im Land Autorität verleihen.
Gleiches gelte auch für die irakische Regierung, so Tilgner. «Die Rückeroberung Mossuls würde Bagdad eine höhere Legitimität zukommen lassen, denn die Regierung könnte dann wieder als Vertretung für den gesamten Irak auftreten.»
Armee und Regierung sind stark schiitisch geprägt. Aber auch sunnitische Milizen kämpfen gegen den IS. «Entgegen vielen Medienberichten hängen die sunnitischen Einwohner von Mossul gar nicht so sehr an den Gotteskriegern und deren Regime», sagt Ulrich Tilgner. Im Gegenteil, viele hätten die Nase voll. Je nach Verlauf der Kämpfe hält der Nahost-Experte es deshalb auch für möglich, dass es innerhalb der Stadt einen Aufstand gegen den IS geben könnte.
«Die kurdischen Peschmerga finden sich in dieser Allianz wieder, weil sie ihre restlichen Gebiete befreien wollen», so Tilgner. Das sei aber nur ein Punkt. Denn eigentlich ginge es den Kurden darum, dem Westen – und dabei vor allem Europa – zu zeigen, dass man ein verlässlicher Partner im Kampf gegen den IS ist. Mit diesem Rückenwind hält Tilgner es auch für möglich, dass der Kurdenpräsident die Gelegenheit nutzen könnte, eine eigene Republik auszurufen.
Für die internationale Koalition geht es vordergründig um die Zerschlagung des IS. Sowohl die USA als auch Frankreich hatten damit den Einsatz ihrer Luftstreitkräfte begründet. Allerdings sei die Eroberung Mossuls auch ein Wahlgeschenk für Hillary Clinton, so Tilgner. «Denn bisher war die Strategie ihres Vorgängers zwar teuer aber nicht sonderlich erfolgreich.» Mit der Einnahme der Stadt würde sich das Blatt wenden und die Taktik der bisherigen Administration in einem anderen, besseren, Licht erscheinen lassen.