Eine Tieflohnkampagne in den USA zeigt Erfolge: Verschiedene Städte heben den Mindestlohn auf 15 Dollar pro Stunde an. Hinter der Kampagne steht die Bewegung «Fight for Fifteen» , die sich für höhere Löhne im Fastfoodbusiness einsetzt – weltweit. Ihr schliessen sich immer mehr Angestellte der Fastfoodketten an, trotz Repressalien. Eine davon ist Petra Reynaga in Oakland, Kalifornien.
Seit elf Jahren brät sie Hamburger für die Fastfoodkette Burger King. Sie sitzt in einem dunklen Zimmer in einem heruntergekommenen Wohnquartier. Aus dem Fenster des Hauses nebenan ertönen die Stimmen junger Männer, die ein Videospiel spielen. Reynaga hat ein rundes, freundliches Gesicht; die schwarzen Haare zum Rosschwanz zusammengebunden.
Seit einiger Zeit hat sie zu wenig Arbeit, und zwar aus einem bestimmten Grund: «Seitdem ich am nationalen Streik der Fastfoodmitarbeiter letzten Dezember teilnahm, hat Burger King meine Stunden gekürzt», sagt Reynaga. Für die Angestellte ist das ein ernsthaftes Problem: Ihre Mutter und ihr kranker Bruder in Mexiko sind von ihrem Lohn abhängig.
Neun Dollar pro Stunde reichen nicht
Reynaga ist eine von zwei Millionen Fastfood-Angestellten in den USA. Sie erhält den Mindestlohn. In Kalifornien bedeutet das neun Dollar pro Stunde. In der teuren Region um San Francisco ist es äusserst schwierig, davon zu leben.
«Ich schlafe im Wohnzimmer meiner Tochter, kann mir keine eigene Wohnung und kein gutes Mobiltelefon leisten, kann nicht einkaufen. Ich möchte meine Zähne flicken und meine Augen behandeln lassen, aber das ist momentan nicht möglich.» Wenn «Fight for Fifteen» den Kampf für höhere Löhne nicht gewinne, werde alles so bleiben.
Reynaga engagiert sich für die Kampagne für Fastfood-Angestellte. Sie verlangen 15 Dollar pro Stunde, sowie das Zugeständnis, dass McDonald's, Burger King und Co. Gewerkschaften akzeptieren. In weniger als drei Jahren hat die Bewegung beachtliche Erfolge gefeiert: In den Städten Seattle, San Francisco und Los Angeles werden die Mindestlöhne schrittweise auf 15 Dollar angehoben. In New York sollen alle Fastfoodangestellten bald soviel erhalten.
Dort, wo Reynaga arbeitet, bleiben die Löhne tiefer. Sie ist aber zuversichtlich: «Wir werden siegen. Jetzt sind wir schon auf halbem Weg und werden jeden Tag stärker und zahlreicher. Wenn wir diesen Kampf gewinnen, werden wir auch Respekt erlangen. Das ist das, was wir brauchen.» Reynaga ist vor 30 Jahren in die USA eingewandert. Die 57-Jährige hat sich noch nie in einer Bewegung engagiert.
Es war, als ob ich Martin Luther King vor mir sah.
Ein junger schwarzer Organisator der Kampagne ist bei Burger King vorbeigekommen, und hat sie dort auf Spanisch angesprochen. Es sei das erste Mal gewesen, sagt sie, dass ihr jemand helfen wollte. Das habe ihr Leben verändert: «Ich kann es nicht mit Worten ausdrücken. Es war, als ob ich Martin Luther King vor mir sah. Es war grandios.»
Seither arbeitet sie in jeder freien Stunde, um die Kampagne voran zu bringen. Sie spricht andere Fastfoodmitarbeiterinnen an, reist an Treffen der wachsenden Bewegung, feilt an der Strategie. Sie will erst ruhen, wenn der Kampf für mehr Lohn und eine gewerkschaftliche Vertretung für Fastfoodangestellte wie sie gewonnen ist.