Der rechtsextreme Front National (FN) hat bei den Regionalwahlen in Frankreich in keiner einzigen der 13 Regionen gewonnen. In der ersten Wahlrunde vor einer Woche war die Partei noch mit landesweit 28 Prozent stärkste Kraft geworden und in sechs der 13 französischen Regionen vorne gelandet.
Parteichefin Marine Le Pen unterlag in der Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie beim zweiten Wahlgang mit 42,8 Prozent ihrem konservativen Gegner Xavier Bertrand mit 57,2 Prozent, wie das Institut Ifop-Fiducial bekanntgab.
Auch deren 26-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen verlor in der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d'Azur mit 45,5 Prozent gegen den konservativen Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi mit 54,5 Prozent.
Wahlerfolg der Konservativen und Sozialisten
Das konservativ-bürgerliche Lager von Nicolas Sarkozy gewann laut Hochrechnungen mindestens sieben Regionen: Nord-Pas-de-Calais-Picardie, Provence-Alpes-Côte d'Azur, Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen, dann noch Auvergne-Rhône-Alpes, Pays de la Loire, die Normandie und die Hauptstadtregion Ile-de-France.
Die sozialistische Linke von François Hollande gewann die Regionen Bretagne, Languedoc-Roussillon-Midi-Pyrénées, Aquitaine-Limousin-Poitou-Charentes, Burgund-Franche-Comté und Centre-Val de Loire. In Korsika gewannen die korsischen Nationalisten.
Rückzug der Sozialisten
In der ersten Wahlrunde vor einer Woche war der Front National noch mit landesweit 28 Prozent stärkste Kraft geworden und in sechs der 13 Regionen vorne gelandet. In den zwei Regionen, wo der FN vor einer Woche am weitesten vorne lag, hatten sich die Sozialisten aus dem Rennen zurückgezogen. Sie riefen ihre Anhänger in Nord-Pas-de-Calais-Picardie und Provence-Alpes-Cote-d'Azur auf, dort für die Konservativen zu stimmen.
Das sagte auch Frankreichs sozialistischer Premierminister Manuel Valls. Er appellierte an alle politische Verantwortlichen:
Der sozialistische Premierminister Manuel Valls dankte den Wählern am Sonntagabend, eine «Sperre» gegen die Rechtsextremen errichtet zu haben. Er mahnte zugleich: «Heute Abend gibt es keinerlei Erleichterung oder Siegesgewissheit. Die Gefahr der extremen Rechten ist bei weitem nicht abgewehrt.»
Den Front National nur schlecht zu reden, hilft nicht
Die etablierten Parteien, die konservativen Republikaner und Sozialisten haben versucht, den Front National aufzuhalten, sagt SRF-Korrespondent Michael Gerber. «Aber indem sie ihn schlecht reden oder gar verteufeln, wie dies Regierungschef Manuel Valls diese Woche tat. Diese Strategie der Verteufelung ist ja auch aus demokratischer Sicht eine Beleidigung der sechs Millionen Franzosen, die den Front National gewählt haben», sagt Gerber.
Die Parteien wären besser bedient, wenn sie die Wähler positiv ansprechen würden. Wenn sie ihnen erklären würden, wie Frankreich wieder zum Erfolg geführt werden könnte, wie die Wirtschaftskrise zu bekämpfen oder wie die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen sei. Gerber ist überzeugt, dass es «nur mit positiven Antworten gelingen wird, bei den nächsten Wahlen einen Triumphzug des Front National abzuhalten.»
Die Geschichte des Front National
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Bild 1 von 7. Während den 1970er und 80er Jahren gründete sich der Front National als Zusammenschluss verschiedener nationalistischer und rechter Gruppierungen. Gründungsmitglied war damals schon Jean-Marie Le Pen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 7. Jean-Marie Le Pen wurde bereits 20 Mal vor Gericht wegen rassistischer Äusserungen verurteilt. Den Holocaust bezeichnet er als «Detail der Geschichte». Bei einer Wahl 2002 protestierten deshalb Konzentrationslager-Überlebende gegen seine Kandidatur. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. Jean-Marie Le Pen tritt bei jeder Präsidentschaftswahl an. 2002 schafft er es in den zweiten Wahlgang. 2007 versucht er es zum letzten Mal, erhält aber nur 10% der Stimmen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 7. Am 1. Mai ruft der Front National traditionell zu einem Fest auf. Dabei versammeln sich oft auch weniger festliche Teilnehmer. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Bei den Europawahlen 2014 erhält der Front National fast 25 Prozent der Stimmen. Jean-Marie Le Pen zieht für die Partei ins EU-Parlament ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. 2015 eskaliert der Streit zwischen Tochter Marine Le Pen (rechts) und ihrem Vater Jean-Marie (vorne). Marine gewinnt den internen Machtkampf und entzieht dem Vater seine Ehrenmitgliedschaft in der Partei. Sie möchte die Partei neu zur Mitte hin ausrichten und von der Rhetorik des Vaters abgrenzen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 7. Marion Maréchal-Le Pen (rechts), Enkelin von Jean-Marie Le Pen ist der jüngste Star in der Parteifamilie. Vor drei Jahren wurde sie als jüngste Abgeordnete (damals 22) in der Geschichte Frankreichs ins nationale Parlament gewählt. Sie gilt als extremer als ihre Tante Marine. Im zweiten Wahlgang gewinnt sie die Regionalwahl nur knapp nicht. Bildquelle: Keystone.