«Das nächste Mal machen wir eine Ofenladung». Jean-Marie Le Pen richtet seine Worte in einem hauseigenen Gefälligkeitsinterview an einen jüdischen Sänger, der sich weigert, in Städten aufzutreten, die vom Front National regiert werden.
Der Gründer der rechtsextremen Partei bestreitet, damit auf die Judenvernichtung im zweiten Weltkrieg angespielt zu haben. Doch auch parteiintern löste seine Äusserung Bestürzung aus. Seine Tochter Marine Le Pen entfernte daraufhin das Video von der Seite.
Brief an Tochter
Mit einem derzeit noch unveröffentlichen Brief hat sich nun Jean Marie Le Pen an seine Tochter gewendet. Darin sprach er sie mit «Madame Le Pen» an. Sein Schreiben sei ein Friedensangebot, meint er mit drohendem Unterton. Der Parteigründer behauptet, sein Video sei völlig zu Unrecht von der Webseite des Front National verbannt worden. Der Beitrag müsse unverzüglich wieder aufgeschaltet werden.
Marine selbst laviert in der Parteikrise. Sie verurteilt die Äusserung ihres Vaters nicht klipp und klar, sondern wirft ihm vor, einen politischen Fehler gemacht zu haben. Jean Marie Le Pen hätte voraussehen müssen, dass seine Äusserungen böswillig interpretiert würden.
Marine Le Pen im Dilemma
Die Parteipräsidentin ist im Dilemma. Sie braucht einerseits den rechtsextremen Bodensatz, der in ihrer Partei noch immer stark vertreten ist und viele Stimmen bringt, ihr Erfolg beruht andererseits auf der Strategie, die Partei salonfähig für neue Bevölkerungsgruppen zu machen.
Die Kritiker der erfolgreichen Rechtsaussenpartei betonen, einmal mehr zeige der Front National sein wahres Gesicht. Die Modernisierung, die Ent-Diabolisierung, sei nur Augenwischerei.
Caroline Fourest, Rechtsextremismus-Spezialistin und Autorin eines Buchs über Marine Le Pen, sagt: «Diese Äusserung ist keine Entgleisung, sondern der Ausdruck des wahren Gedankenguts des Front National.»
Le Pen gegen Le Pen
Mit dem offenen Brief an seine Tochter eskaliert der Hauskrach beim Front National. «Le Pen gegen Le Pen», titeln die Zeitungen. Und die Tochter steht vor einer unmöglichen Wahl: Einen Vatermord würde man ihr nie verzeihen. Wenn sie einfach laviert, wird sie die alten Geister nie los.