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Mossul – gefährliche Flucht aus der umkämpften Stadt
Aus Rendez-vous vom 06.03.2017. Bild: Reuters
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Kampf um Mossul «Der schwierigste Teil der Rückeroberung steht noch bevor»

SRF News: Was wissen Sie über die Lage in Mossul?

Philipp Scholkmann

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Scholkmann ist Nahost-Korrespondent bei Radio SRF. Vor seiner Tätigkeit im Nahen Osten war er Korrespondent in Paris und Moderator bei «Echo der Zeit».

Philipp Scholkmann: Laut übereinstimmenden Meldungen aus den letzten Tagen kommt die Offensive voran, allerdings unter heftiger Gegenwehr der Dschihadisten. Die Irakischen Anti-Terroreinheiten werden dabei von der US-Luftwaffe unterstützt. Zudem setzen die USA auch immer mehr Spezialkräfte in den Bodenkämpfen ein.

Die Koalition ist bis etwa auf einen Kilometer an die Altstadt von Mossul herangerückt und hat bereits den Sitz der Provinzverwaltung im Stadtzentrum erreicht. Die Altstadt ist sehr eng bebaut und dicht besiedelt. Der schwierigste Teil der Rückeroberung steht also noch bevor.

Wie ist die Situation der Menschen in der Altstadt?

Man wagt kaum, sich Häuserkämpfe in einem Labyrinth enger Gassen vorzustellen. Es halten sich offenbar immer noch mehrere 100‘000 Menschen in der Altstadt und im Gebiet nördlich davon auf. Alle sind sie Geiseln der Dschihadisten.

Uns liegen nur Berichte von Geflohenen aus umliegenden Quartieren vor. Schon ihre Schilderungen sind dramatisch.

Uns liegen nur Berichte von Geflohenen aus umliegenden Quartieren vor. Schon ihre Schilderungen sind dramatisch. Sie berichten, sie seien unter dem Feuer von Scharfschützen durch verminte Strassen geflohen. Manche von ihnen seien auf der Flucht tot liegen geblieben. Offenbar nehmen die Schützen gezielt Zivilisten ins Visier. Auch die Zurückgebliebenen seien den Angreifern schutzlos ausgeliefert, denn bei Raketenanschlägen werden auch Zivilisten getötet.

Die Terrormiliz IS leistet Widerstand. Es gibt Hinweise, dass sie Giftgas eingesetzt hat. Was wissen Sie darüber?

Wenig Genaues. Hilfsorganisationen berichten, bei medizinischen Untersuchungen hätten zwölf Menschen im östlichen Mossul Spuren von Giftgas gezeigt. Dort seien Geschosse aus dem IS-Gebiet eingeschlagen, die Gift enthalten hätten. Viel mehr weiss man nicht. Immerhin wurde bekannt, dass es den Verletzten nun besser geht.

Wie geht es den Geflohenen?

Laut den humanitären Organisationen sind die Flüchtlinge erschöpft und hungrig. Viele von ihnen seien traumatisiert von den Erlebnissen auf der Flucht und vom Leben unter der dreijährigen Herrschaft der IS-Miliz. Es gibt Bilder von Kindern, die verstört am Strassenrand sitzen und im Schlamm warten. Viele Geflohene brauchen oder bräuchten medizinische Versorgung.

Seit Beginn des zweiten Teils der Offensive auf Mossul vor zwei Wochen sind 45‘000 Menschen geflohen. Wenn man die früheren Fluchtwellen aus der Stadt und den umliegenden Gebieten hinzunimmt, kommt man auf insgesamt über 200‘000 Flüchtlinge. Da die vorhandenen Lager voll sind, werden Notunterkünfte gebaut. Das bringt die Hilfswerke an ihre Grenzen.

Es gibt Bilder von Kindern, die verstört am Strassenrand sitzen und im Schlamm warten.

Geflohene junge Männer gelten als mögliche Kollaborateure der IS-Miliz und werden von Sicherheitskräften verhört. Dabei soll es auch zu Folter und Racheakten gekommen sein?

Im Einzelfall lässt sich das zwar nicht bestätigen. Trotzdem ist es tatsächlich ein Problem und auch eine Hypothek für die Zukunft. Es besteht generell das Risiko, dass Dschihadisten ihre Bärte abrasieren und sich unter die Flüchtlinge mischen. Dass Sicherheitskräfte bei der Kontrolle jedes Mass verlieren, ist auch eine Gefahr, denn sie haben eine extrem schwierige Aufgabe.

Man fürchtet sich vor IS-Schläferzellen, und die Angst ist begründet. Der Osten Mossuls gilt als befreit, dennoch hat es seit dem Rückzug der IS-Miliz bereits mehrere Anschläge gegeben. Doch je mehr Racheakte sich Sicherheitskräfte bei der Kontrolle erlauben, desto eher laufen die Befreier Gefahr, den Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Das scheint im Osten von Mossul bereits ein Problem zu sein: Zwischen den verschiedenen Einheiten, die das Gebiet sichern sollen, kommt wieder Misstrauen auf. Die Fehler der Vergangenheit Mossuls könnten sich also wiederholen.

Die Vorgeschichte:

  • Ein Militärbündnis unter Führung der irakischen Armee startete im Oktober eine Offensive auf die nordirakische Stadt Mossul, um die IS-Miliz zu vertreiben.
  • Im Januar nahm das Bündnis bereits den Ostteil Mossuls ein.
  • Vor zwei Wochen starteten sie die Offensive auf den Westteil der Stadt.
  • Der Kampf gilt als schwieriger, weil in den engen Gassen der Altstadt keine gepanzerten Fahrzeuge eingesetzt werden können.
  • Mossul ist die letzte Hochburg des IS im Irak.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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