Japan und Südkorea haben den Streit um japanische Zwangsprostituierte im Zweiten Weltkrieg beendet. Damals sind in Japan Hunderttausende Frauen systematisch vergewaltigt worden. Geld soll nun die Wunden heilen. Ein Gespräch mit Nataly Han, Vorstandsvorsitzende des Korea-Verbandes in Berlin.
SRF News: Ist die Angelegenheit damit tatsächlich erledigt?
Nataly Han: Das Ziel Japans ist es, die ganze Angelegenheit als endgültig und unumkehrbar gelöst zu betrachten. Das ist eine unmögliche Forderung, denn das Ganze sollte ja einen Prozess darstellen.
Was müsste das Ziel der Verhandlung dann sein?
Es müssten Anhörungen stattfinden, um herauszufinden, was die Betroffenen und auch die Zivilgesellschaft möchten. Es gibt Leute, die haben sich über 20 Jahre lang für dieses tabuisierte Thema eingesetzt es weltweit bekannt gemacht.
Das Thema müsste an japanischen Schulen gelehrt werden.
Wie liesse sich dieses düstere Kapitel langfristig und mit den genannten Punkten lösen?
Die japanische Gesellschaft müsste ihre Vergangenheit aufarbeiten und ein öffentliches Mahnmal erstellen. Das Thema müsste zudem als Stoff in den Schulen unterrichtet werden mit dem Ziel, dass so etwas sich nicht nochmals wiederholt. Doch so etwas wurde in der Verhandlung gar nicht erwähnt.
Immerhin drückt Japan heute seine aufrichtigste Entschuldigung aus.
Das muss man auch anerkennen. Aber solche angeblich aufrichtigen Entschuldigungen gab es in Japan immer wieder. Aber danach kommt immer wieder ein nächster Politiker, der sagt, die Frauen seien nicht gezwungen worden, sie seien freiwillig gegangen.
Wenn die Entschuldigung Japans glaubhaft wirken soll, müsste die Verleugnung dieses Geschehens auch gesetzlich verboten werden. Aber Anzeichen, dass so etwas geschehen könnte, sehen wir im Moment noch nicht.
Geht es bei dieser Einigung also nur darum, die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder zu verbessern?
Vermutlich ja. Ich gehe davon aus, dass die beiden Regierungen aus diesem Grund bestrebt sind, das Thema endgültig vom Tisch zu bekommen. Aber noch einmal: Das kann nicht das Ziel sein.
Es gab in der Vergangenheit immer wieder Bestrebungen, die Beziehung zwischen den beiden Ländern zu verbessern. Die jetzige Präsidentin Südkoreas ist die Tochter des damaligen Diktators, der schon in den sechziger Jahren an verbesserten Beziehungen mit Japan interessiert war. Kein Zufall aus Ihrer Sicht?
1965 wurde ein sogenannter Normalisierungsvertag zwischen Japan und Südkorea abgeschlossen. Damals wurde eine Art Reparationszahlung vereinbart, als Entschädigung für Japans Kolonialherrschaft über Korea. Diese Zahlung wurde als Wirtschaftshilfe deklariert.
Ich weiss nicht, wie die Würde dieser Frauen wiederhergestellt werden kann.
Nun soll nach 50 Jahren wieder eine ähnliche Vereinbarung getroffen werden. Die südkoreanische Regierung erhält rund acht Millionen Euro. Dafür gründet sie eine Stiftung und soll die Würde der sogenannten Trostfrauen wieder herstellen. Wie das gehen soll, weiss ich nicht.
Aber immerhin sagt die japanische Regierung, dieses Geld sei für diese ehemaligen Sexsklavinnen bestimmt. Das ist doch ein Fortschritt.
Das sehe ich überhaupt nicht so. Wie bereits gesagt, muss diese Aufarbeitung in Japan geschehen und nicht in Südkorea. Es war ja nicht nur Südkorea betroffen – auch Nordkorea, China, Taiwan, die Philippinen und Indonesien hatten sogenannte Trostfrauen. Von diesen Frauen war noch nie die Rede. Bei diesen Verhandlungen geht es rein um diplomatische Beziehungen zwischen Japan und Südkorea.
Ich befürchte, dass es einen Konflikt zwischen der südkoreanischen Regierung und der Zivilgesellschaft geben wird und Japan dann wieder fein raus ist.
Wie wird das Thema in der südkoreanischen Zivil-Gesellschaft gesehen? Man hört hier nur von diesem Mahnmal vor der japanischen Botschaft, wo wöchentlich Proteste stattfinden.
Angeblich hat die japanische Regierung verlangt, dass diese Mädchenstatue vor der japanischen Botschaft in Seoul entfernt wird. Es sollte auch keine Lobbyarbeit auf UNO-Ebene geben. Die Südkoreanische Regierung hat dem zugestimmt. Ich befürchte, dass das einen Konflikt zwischen der südkoreanischen Regierung und der Zivilgesellschaft gibt und Japan dann wieder fein raus ist.
Das Gespräch führte Samuel Wyss.