Noch nie wurden so viele Anklagen erhoben wie im Zusammenhang mit dem «Holyland»-Projekt im Süden Jerusalems. Fast gegen jeden, der etwas mit der Genehmigung des Projektes zu tun hatte, wurde und wird ermittelt: Das trifft auf Minister und mehrere Bürgermeister gleichermassen zu wie auf Stadträte und Gemeindevertreter.
Insgesamt 18 in die Affäre verwickelte Angeklagte gaben sich im Gericht die Klinke in die Hand. 150 Zeugen sprachen bei der Polizei vor. 140 Ermittler waren zeitweise in dem Fall aktiv. Dimensionen, die Israel zuvor so nicht gekannt hatte.
Hotel für Touristen, kleine Häuser für Einheimische
Dabei hatte «Holyland» eigentlich als kleines, aber feines Projekt in den 90ern begonnen. Ein Geschäftsmann hatte die Baurechte für Wohnhäuser am Standort des früheren Hotels «Holyland» erworben. Entstehen sollten einige Hotels und eine kleine überschaubare Anzahl von Einzelhäusern.
Über die Jahre lief das Projekt aber völlig aus dem Ruder. Dabei hatte der Bau anfangs noch gestockt und im Nichts zu versanden gedroht. Denn die kalkulierten Touristenströme blieben um die Jahrtausendwende genauso aus wie potentielle Investoren.
Millionen machten Verwaltung gefügig
Eine neue Idee musste her. In einem riesigen Luxuskomplex mit Hochhäusern zu Wohnzwecken war diese relativ rasch gefunden worden. Nun gab es für «Holyland» auch Rückenwind aus Politik und Verwaltung. Sowohl die Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert und Uri Lupolanski unterstützten das Projekt als auch zahlreiche Beamte der Stadt.
Die zu zahlende Grundsteuer sank quasi über Nacht von knapp 60 Millionen US-Dollar auf nur noch 19 Millionen. Im Gegenzug vergrösserte sich wundersamer Weise die Baufläche von 12'000 Quadratmeter auf 320'000.
Möglich gemacht haben das 15 Millionen US-Dollar Schmiergeld. Allein Olmert soll fast eine Million US-Dollar angenommen haben. Nachgewiesen werden konnte ihm im Prozess aber nur ein Bruchteil. Für eine Verurteilung reichte es dennoch. Denn die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass es zwischen Investoren und Stadtverwaltung eine «systematische Beziehung» gegeben habe.
«Holyland» nur die Spitze des Eisbergs
2009 war erstmals Anklage gegen Olmert erhoben worden. Sah es damals noch so aus, als könnte der Politiker zum wiederholten Mal den Kopf aus der Schlinge ziehen, änderte sich das ein Jahr später. Ein Kronzeuge hatte sich der Anklage zur Verfügung gestellt. Seine Aussagen brachten nicht nur die gigantische Dimension des Schmiergeldskandals ans Licht, sondern auch zahlreiche Personen hinter Gitter.
Und «Holyland»? Der Komplex thront heute über der Stadt. Das nach Ansicht vieler Einwohner «hässliche Monster» beherrscht die Landschaft im Süden Jerusalems. Und die meisten in der Stadt und in Israel sind sich sicher: «Holyland» und seine Auswüchse sind nur die Spitze des Eisbergs in einem Land voller korrupter Politiker.