Vorträge in Schulen und Kindergärten. Bunte Volksaufmärsche und ein vorgezogener Feierabend, so gedenken zumindest die russisch-stämmigen Bürger der Halbinsel Krim ihrer Annexion durch Russland vor einem Jahr.
Die Wiedervereinigung der Krim mit Russland ist eines der wichtigsten historischen Ereignisse des Jahrhunderts.
Die vom Westen als Völkerrechtsbruch verurteilte Einverleibung war durch ein von der Regierung in Kiew kritisiertes Referendum am 16. März 2014 eingeleitet worden.
Der moskautreue Republikchef Sergej Aksjonow verteidigte den Volksentscheid am Montag als demokratisch. «Dies war eine Wahl der Krim-Bürger», sagte er in der Krim-Hauptstadt Simferopol.
Der russische Parlamentspräsident Sergej Naryschkin in Moskau bezeichnete die «Wiedervereinigung der Krim mit Russland» als «eines der wichtigsten historischen Ereignisse des Jahrhunderts». Russland habe alles getan, damit sich die Bewohner der Schwarzmeerhalbinsel so schnell wie möglich als vollwertige Staatsbürger fühlten, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax.
Nach russischen Berichten hat Moskau die nicht mit dem russischen Festland verbundene Halbinsel bereits mit mehr als 90 Milliarden Rubel (1,45 Mrd. Franken) unterstützt. Bis 2020 soll weitere Hilfe von bis zu 680 Milliarden Rubel geplant sein. Eine Hilfe, in die die Menschen auf der Krim grosse Hoffnungen setzten, sagt SRF-Russlandkorrespondent Christof Franzen.
«Kaum Euphorie bei der Bevölkerung»
Der 18. Februar – der Tag, an dem die «Vereinigung» der Krim mit Russland unterzeichnet wurde – ist ein Feiertag auf der Krim. Bei vielen Menschen sei freilich wenig Euphorie zu spüren, berichtet Franzen nach einem mehrtätigen Aufenthalt auf der Krim.
Auch wenn viele prorussisch eingestellte Menschen auf der Emotionalen Ebene froh seien, nun ein Teil Russlands zu sein : «Es gibt einfach zuviele ernüchternde Faktoren: Das Kostenniveau ist massiv angestiegen; es sind viel weniger Touristen da, als noch in den Jahren zuvor». Vor allem aber klagten die ukrainischen und tatarischen Minderheiten über eine autoritäre Politik.
Poroschenko geht gegen Korruption vor
Während sich auf der Krim die Russen selber feiern, hat sich der ukrainische Präsident Poroschenko bei seinem Berlin-Besuch klar zum Minsker Abkommen über einen Waffenstillstand in der Ostukraine bekannt. «Es gibt keine Alternative zu Minsk», sagte er nach einem Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
Poroschenko versprach auch, die angekündigten Reformen umzusetzen. Als Beispiele nannte er die Bekämpfung der Korruption und eine Reform des Gerichtswesens. «Wir unternehmen grosse Anstrengungen um Reformen durchzuführen. Der Krieg kann keine Rechtfertigung sein, in den Reformbemühungen nachzulassen.»
Merkel kritisierte, der in Minsk im Februar vereinbarte Waffenstillstand sei noch nicht nach OSZE-Standard erfüllt, nach dem 48 Stunden lang keine Schüsse fallen dürften. Erhebliche Lücken gebe es zudem bei den prorussischen Separatisten, was die Kontrolle und die Dokumentation des Abzugs schwerer Waffen durch die OSZE angehe. Auch der Austausch der Gefangenen müsse vorangetrieben werden.