Die griechische Öffentlichkeit ist sich einiges gewohnt von Verteidigungsminister Panos Kammenos. Der rechtspolulistische Koalitionspartner von Alexis Tsipras' Syriza greift gerne zum verbalen Zweihänder.
Ernstgenommen wird Kammenos fast nur noch von seinen Anhängern. Als er diese Woche in Gegenwart des Ministerpräsidenten dem Militär die Zuständigkeit für die Innere Sicherheit zusprach, sorgte er damit bei politischen Gegnern und in den Medien für heftige Proteste.
«Kammenos' Aussagen waren für die griechische Gesellschaft ein Schock», sagt die TV-Journalistin Sia Kosioni im Gespräch mit SRF News. Wie in jedem anderen demokratischen Staat sei die innere Sicherheit nicht die Aufgabe des Militärs, sondern der Polizei. Das sei für die Griechen völlig klar. Entsprechend hätten selbst hohe Repräsentanten des Militärs die Aussage des Verteidigungsministers umgehend zurückgewiesen.
Griechenland ist seit 1952 Nato-Mitglied
Auch innerhalb des Militärs gebe es keinerlei Ambitionen auf politische Einmischung, sagt SRF-Korrespondent Philipp Zahn in Athen: «Der gesamte Militärapparat ist innerhalb einer pluralistisch- demokratischen Verfassungsordnung und im Bewusstsein derselben gewachsen.» Seit 1952 ist Griechenland zudem Mitglied der Nato, was laut Zahn ebenfalls zu einer festen Verankerung westlicher Standards innerhalb der Generalität beitrug.
«Hinzu kommt, dass der Militärapparat durch den gewaltigen Militärhaushalt lange lebte wie die Made im Speck», meint Zahn. Die Militärs seien zu Administratoren von viel Geld geworden: «Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für das Entstehen einer revolutionären Mentalität, die zu aktiver Einflussnahme auf die Politik führen könnte».
Kann es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kommen?
Selbst wenn es auf Griechenlands Strassen nach dem Referendum vom Sonntag zu grösseren Demonstrationen oder gar Gewalt kommen sollte, sei die Polizei in der Lage, für die Sicherheit zu sorgen, ist Journalistin Sia Kosioni überzeugt.
Vorsichtige Bedenken zur Rolle, die die Polizei spielen könnte, äussert SRF-Korrespondent Philipp Zahn. «Dass sie nicht zimperlich vorgeht, hat die griechische Polizei zum Beispiel bei den Zusammenstössen von 2011 gezeigt», sagt Zahn. Damals hatte es teilweise gewaltsame Proteste gegen Sparmassnahmen gegeben. Es seien nicht zuletzt die Polizisten, die nun beispielsweise bei einem Euro-Austritt oder anderen radikalen Veränderungen um ihre Arbeitsplätze fürchten müssten, sagt Zahn: «Es ist nicht auszuschliessen, dass Teile der Polizei gegen Demonstranten, die solches fordern, massiv vorgehen.»
Eskalieren könnte die Gewalt auf den Strassen, wenn die Situation auf eine Konfrontation zwischen anarchistischen Gruppen und eher rechtsgerichteten Polizisten hinauslaufen sollte, meint Zahn. Zumal die Nazi-Partei Goldene Morgenröte innerhalb der Polizeikorps nicht wenige Sympathien genösse.