Der Ton im Wahlkampf ist rauh geworden mit dem Umfragehoch der AfD, der Alternativen für Deutschland. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfrid Kretschmann benutzt klare Worte. «Man muss einfach sehen, das ist die Sprache von Rechtsextremisten.»
AfD Spitzenkandidat Jürg Meuthen wiederum wirft der CDU vor: «Und dann gibt es einen CDU-Landtagsabgeordneten in Hessen, der hat gesagt ‹was ist eigentlich schlimmer? Ein Sitz für die AfD oder ein paar gefälschte Stimmen›?»
Nils Schmid von der SPD benutzt schweres Geschütz: «Wenn ich zum Beispiel lese, dass die AfD Pforzheim das Abfackeln von Flüchtlingsheimen als Akt zivilen Ungehorsams sieht, so ist das AfD-Rhetorik.» Und ein FDP-Kandidat empört sich: «Wer behauptet, diese Flüchtlingskrise sei ein Glück für seine Partei, der vertritt eine Partei, die keine Alternative für Deutschland ist, sondern eine Schande für Deutschland.
Politische Rechte wird fragmentiert
Es nützt nichts: In einer Woche wird die AfD in vier Bundesländern im Osten und vier im Westen vertreten sein. Heisst: «Sie sitzt zunächst einmal in der Hälfte der deutschen Landtage. Das ist schon mal ein politischer Dammbruch, wie ich sagen würde, und es ist zum Teil natürlich auch ein politischer Kulturbruch», sagt Politologe Albrecht von Lucke von den «Blättern für deutsche und internationale Politik».
«Weil erstmalig eine so starke Partei rechts der CDU in die Parlamente Einzug hält, wo vor allem der alte Spruch immer galt von Franz Josef Strauss: ‹Rechts von uns ist nur noch die Wand›.» Das ist vorbei. Sprich nicht nur die politische Linke, auch die politische Rechte wird fragmentiert.
In den 1980er haben sich die Grünen von der SPD abgespalten in den 1990ern kam noch die Partei «die Linke». «Das heisst, wir haben jetzt das erste Mal ein Spaltungsphänomen auf der rechten Seite des Parteienspektrums und das hat natürlich gewaltige Konsequenzen.»
Zum Beispiel: CDU und SPD, also die traditionellen Volksparteien werden in Baden-Württemberg höchstwahrscheinlich keine grosse Koalition bilden können. Wer wählt die AfD? «Alle», sagt Lucke. «Ich würde sogar sagen, sie ist mittlerweile eine Sammlungsbewegung. Manche sagen direkt eine Staubsaugerpartei.»
Gründungs-Grünen mit der Scholle verbunden
Ein Beispiel: In Pforzheim in Baden-Württemberg gehört auch Bernd Grimmer zur AfD, obwohl er ein Gründungsmitglied der Grünen war. «Ich habe von der Seite, von der ich zu den Grünen gekommen bin, durchaus ähnliche politische Ansätze gehabt, die ich auch heute sehe.»
Tatsächlich gab es bei den Gründungs-Grünen auch eine konservative bis braune Fraktion, die auch mit der Scholle verbunden war, also auch ökologisch dachte, aber quasi ökologisch rechts. Doch die AfD habe auch Wähler bei der Linken, sagt Albrecht von Lucke. «Es ist eben ein Phänomen, dass auch diese Partei erhebliche Prozente verlieren wird.»
Erfolg der rechtsextremen Republikaner dauerte acht Jahre
Erfahrung mit dem Umgang rechtsradikaler Parteien hat der frühere CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg Erwin Teufel. Als 1992 über 400'000 Flüchtlinge aus der Ex-Sowjetunion und Ex-Jugoslawien nach Deutschland kamen, erzielten die rechtsextremen Republikaner aus dem Stand 11 Prozent. Warum sind sie wieder in der Bedeutungslosigkeit versunken?
Einerseits weil das Flüchtlingsproblem mit den Jahren an Bedeutung verloren habe, sagt Erwin Teufel. «Aber auch durch das Verhalten aller anderen demokratischen Parteien. Wir haben Mitglieder der Republikaner im Landtag gegrüsst und auch ein paar Worte gewechselt. Menschlich haben wir sie anständig behandelt. Aber politisch hat sich niemand auf sie eingelassen, auf keinen Antrag eingelassen, in keine Diskussion eingelassen. Und es hat immerhin dann acht Jahre gedauert bis die Republikaner wieder ausgeschieden sind aus dem Landtag.» Acht Jahre. Das kann dauern.