In Ungarn hat Ministerpräsident Viktor Orban mit seiner Fidesz-Partei die Parlamentswahl gewonnen. Er steht somit vor einer dritten Amtszeit. Nach dem provisorischen Endergebnis kommt Fidesz auf 133 der 199 Sitze im Parlament. Damit hat Fidesz knapp die Zweidrittelsmehrheit erreicht. Das Ergebnis muss im Laufe des Tages noch amtlich bestätigt werden.
Dank der Zweidrittelsmehrheit kann Orbán künftig die Verfassung nach Belieben ändern.
Rechtsradikale legen zu
Das Mitte-Links-Bündnis von fünf Parteien, das die Sozialistische Partei (MSZP) anführt, kann mit 25,9 Prozent (38 Mandate) rechnen, die rechtsradikale Jobbik (Die Besseren) mit 20,5 Prozent (23 Mandate). Die Öko-Partei «Politik kann anders sein» (LMP) übersprang mit 5,2 Prozent knapp die Fünf-Prozent-Hürde und wird voraussichtlich fünf Mandate bekommen.
Bei der vergangenen Parlamentswahl hatte Fidesz 53 Prozent der Stimmen erhalten, die MSZP 19 Prozent, Jobbik 17 Prozent und die LMP knapp acht Prozent.
«Wir haben gewonnen»
«Alle Zweifel sind zerstreut - wir haben gewonnen», sagte Orbán am späten Sonntagabend vor Tausenden Anhängern in Budapest. «Das ist ein grossartiger Sieg, dessen Bedeutung wir heute noch gar nicht ermessen können.»
Der Vorsitzende der zum Mitte-Links-Bündnis gehörigen Partei Együtt 2014 (Gemeinsam 2014), Gordon Bajnai, gestand die Niederlage der Opposition ein. «In dieser Form vermochten wir der Mehrheit der Ungarn kein genügend attraktives Angebot zu unterbreiten», sagte er. Bajnai sprach von einer «vernichtenden Niederlage». «Das ist eine grosse Enttäuschung für diejenigen, die einen Regierungswechsel wollten», sagte er.
Besorgnisse in der EU
Rund acht Millionen Menschen waren in dem EU-Land zur Stimmabgabe aufgerufen. Um die 199 Sitze in der deutlich verkleinerten Volksvertretung hatten sich 18 landesweite Parteilisten und 1554 Einzelkandidaten beworben.
Mit demokratie- und marktpolitisch bedenklichen Gesetzen hatte die Regierung Orbán in den letzten Jahren wiederholt Besorgnisse in der EU ausgelöst. So gab Orbán der von ihm abhängigen Medienbehörde mehr Möglichkeiten zur Gängelung von Rundfunkanstalten. Die ungarische Notenbank ist faktisch nicht mehr unabhängig von der Regierung. Die neue Verfassung bindet künftigen Regierungen in der Steuer- und Rentenpolitik die Hände.
Wahlrecht begünstigt Sieger
Die Wähler gaben zwei Stimmzettel ab, einen für die Listenwahl und einen für den Direktkandidaten ihrer Wahl. Das Wahlrecht begünstigt die relativ stimmstärkste Partei.
Erstmals waren auch rund 200'000 ethnische Ungarn aus den Nachbarländern wahlberechtigt. Ihre Sympathien gelten mehrheitlich Orbán, der ihnen vor drei Jahren die Annahme der ungarischen Staatsbürgerschaft ermöglichte, ohne dass sie sich dafür einen Wohnsitz in dem Land nehmen mussten.
Bei den bisher sechs Wahlen seit der demokratischen Wende 1989/90 ist es in Ungarn erst einmal einer Regierung gelungen, nicht abgewählt zu werden. Der links-liberalen Koalition unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany gelang 2006 die Wiederwahl, um vier Jahre später vom Wähler besonders hart abgestraft zu werden. Auch Orbán traf 2002 bereits einmal das Schicksal einer Abwahl.
Linke in desolatem Zustand
Nun aber hat er also ein weiteres Mal das Regierungsmandat erhalten. Der Erfolg der Fidesz war erwartet worden. «Ein Grund ist sicher der desolate Zustand der linksliberalen Opposition», sagt SRF-Sonderkorrespondent Pascal Kraus. Aber auch die Regierung hat sich selber geholfen. Kurz vor den Wahlen wurden Steuern für Familien und Energiepreise gesenkt. «Geschenke, die sich das Land eigentlich nicht leisten kann», meint Korrespondent Kraus.
Orbán selbst hält sich zugute, das hoch verschuldete Land vor einem wirtschaftlichen Absturz wie etwa dem von Griechenland erspart zu haben.