Auf den schnellen Vormarsch des sogenannten Islamischen Staats IS im vergangenen Sommer in Irak schien niemand vorbereitet. Sogar Präsident Barack Obama wurde auf dem falschen Fuss erwischt und musste zuerst eine Strategie ausarbeiten lassen. Das Ziel ist klar: den IS schwächen und zerstören.
Umfassende Strategie gegen IS
Diese Strategie liege nun zwar vor, sagt Janine Davidson, früher im Pentagon-Planungsstab, heute Expertin für Antiterrorismus. Doch mit der Umsetzung happere es. Ausserdem habe man einige Chancen nicht genutzt, wie etwa die Bewaffnung der oppositionellen Freien Syrische Armee, als diese noch kampffähig war. Dank Luftangriffen sei der IS in Irak in den letzten Monaten tatsächlich geschwächt worden, glaubt Davidson.
Aber sei halt ein wenig wie mit einem Rubik-Würfel: Man könne nicht allein die Situation im Irak anschauen, der IS kenne keine Grenzen. Auch Syrien und andere Staaten müssten in die Strategie miteinbezogen werden. Und das habe man bis jetzt viel zu wenig berücksichtigt.
Isolation des Islamischen Staates
Audrey Kurth Cronin ist Professorin für internationale Sicherheit an der George Mason Universität. Sie sieht beim Kampf gegen den IS ein anderes Problem: «Der IS ist nicht einfach eine neue Form der Al-Kaida. Es gibt grosse Unterschiede», betont sie. So finanziere sich der IS anders und er verfüge über ein eigenes Territorium. Ausserdem verstehe er sich anders als Al-Kaida nicht als muslimische Macht, die sich gegen die Säkularisierung durch den Westen wehre.
Die Antiterror- und Antiaufstands-Strategien, die gegen Al-Kaida zum Einsatz kämen, würden den IS kaum dezimieren können, ist Kurth Cronin überzeugt. Der einzig gangbare Weg ist für sie deshalb die internationale Isolation.
Vertrauen der Sunniten zurückgewinnen
Genau eine solche Isolierung sei aber schwierig hinzubekommen, wenn die USA weiter so einseitig mit Iran zusammenarbeiteten, entgegnet da Max Boot von der aussenpolitischen Denkfabrik Council on Foreign Relations. «Was denken die Sunniten, wenn sie das sehen? Die schreien voll Horror auf und flüchten direkt in die Arme des IS.»
So absurd das klingen mag: Die Terroristen seien für die Sunniten das kleinere Übel als die Schiiten und Iran. Doch gerade Teheran baue seinen Einfluss in der Region immer stärker aus, und die USA liessen das zu, sagt Boot. Man müsse das Vertrauen der Sunniten in Irak und in der ganzen Nahost-Region zurückgewinnen.
Irakische Regierung ist gefordert
Man müsse den Sunniten einen besseren politischen Deal anbieten, etwa eine Art Garantie, dass sie sich vor den Schiiten nicht mehr zu fürchten brauchen. Und da müssten die USA wohl eine aktivere Rolle übernehmen: «Der Wind kann sich schnell drehen, wie 2007/2008, als die irakischen Sunniten halfen, Al-Kaida zu bekämpfen», betont Boot. Aber man müsse den Sunniten einen glaubwürdigen Grund geben, warum sie sich dieses Mal auch gegen den IS wehren sollten.
Die USA als Sicherheits-Garant in Irak; das sei ein heikler Vorschlag, findet die frühere Pentagon-Frau Davidson: «Wenn wir etwas gelernt haben dann das: Die USA wollen und können Irak nicht für immer besetzen.» Eine solche Garantie müsste von der irakischen Regierung kommen. Doch auch mit dem neuen Regierungschef Haidar al Abadi in Bagdad ist das unrealistisch.
Damit ist klar: Es braucht noch viel diplomatische und militärische Arbeit, bis der IS-Terrorismus aus der Welt verschwindet.