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Ein Schild mit den Sternen der EU und der Aufschrift: «Entschuldigung, wir haben geschlossen».
Legende: Das Flüchtlingsdrama strapaziert Europas Zusammenhalt: Scheren einzelne Staaten aus und ziehen neue Grenzen auf? Reuters

International Dublin – gut gedacht, an der Realität gescheitert?

Trotz drohendem «Grexit» beugen sich die EU-Staats- und Regierungschefs über ein heikles Dossier: die Flüchtlingskrise an den Grenzen Europas. Verhandelt wird auch eine der Grundfesten der europäischen Idee: das Dublin-Abkommen.

Just vor dem Brüsseler Gipfel machte Ungarns Regierung europaweit Schlagzeilen: Das Land, einst selber hinter dem Eisernen Vorhang, wolle einen Grenzzaun errichten, um die Flüchtlingsroute über den Balkan zu schliessen. Zudem werde Ungarn keine aus Westeuropa abgeschobenen Flüchtlinge mehr zurücknehmen. Die Aufnahmekapazitäten seien ausgeschöpft.

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Wie selbstbewusst das EU-Mitglied an den Grundfesten des Dublin-Systems rüttelte, überraschte – und führte zu geharnischten Reaktionen aus Europas Machtzentren. Berlin etwa bestellte den ungarischen Botschafter ein. Prompt relativierte der Aussenminister Ungarns Absichten – man nehme doch wieder Flüchtlinge zurück. An der konsequent einwanderungsfeindlichen Politik des EU-Mitglieds ändert dies freilich wenig.

Dublin-Abkommen in der Sinnkrise

Das Dublin-Abkommen

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Das Übereinkommen regelt die Zuständigkeit bei der Prüfung eines Asylantrags, der in einem EU-Mitgliedstaat sowie weiteren europäischen Staaten gestellt wird. Es garantiert jedem Asylsuchenden ein Verfahren. Der Antrag darf aber nur einmal und im Erstaufnahmeland gestellt werden. Die Schweiz unterzeichnete das Abkommen 2004 (siehe Bild).

Der Fall Ungarn sei jedoch kein isoliertes Einzelereignis, sondern Symptom einer tieferen Krise der vielbeschworenen europäischen Solidarität, sagt Martijn Pluim vom Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung ICMPD in Wien: «Das Dublin-System ist in der schwersten Krise seines Bestehens». Vor diesem Hintergrund komme dem Brüsseler Gipfel, an dem neben dem drohenden «Grexit» auch über die künftige europäischen Migrationspolitik beraten wird, grösste Bedeutung zu.

Pluim spricht sich für einen flüchtlingspolitisches Umdenken in Europa aus: Dublin soll gerettet, aber grundlegend reformiert. Seine Begründung: Zwar sei das Prinzip für die Schutzsuchenden selbst gerecht: «Die Flüchtlinge kommen in einem sicheren Land an und bekommen dort Schutz.» Für die Mitgliedstaaten habe sich indes eine Ungerechtigkeit herausbildet, die das europäische Solidaritätsprinzip akut gefährde.

«Einzelne Länder sind stark überbelastet. Dublin hätte nie dazu führen dürfen, dass es eine derart extrem ungleiche Verteilung von Flüchtlingen gibt.» Die Krise des Systems bestehe darin, so der Migrationsexperte, dass es die Balance verloren habe.

«Europa muss sich fragen, wofür es steht»

Die Vorschläge der EU-Kommission, einen Verteilschlüssel zu implementieren, hält Pluim für richtig. «Zuvor muss aber Grundsätzliches geklärt werden: Europa muss sich fragen, wofür es steht. Und hier ist Solidarität ein zentrales Prinzip.»

Falls diese Bereitschaft fehle, drohe Dublin Ungemach – und damit der gesamten europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik: «Wenn es in kommender Zeit keine Einigung gibt und sich einzelne Länder quer stellen, wird das ganze Dublin-System zusammenbrechen. Die ersten Anzeichen dafür sind schon da, die Kooperation unter den Staaten verläuft zum Teil sehr mühsam.»

Wenn sich einzelne Länder quer stellen, wird das ganze Dublin-System zusammenbrechen.
Autor: Martijn Pluim Migrationsexperte

Auflösungserscheinungen an der europäischen Solidarität erwartet Pluim dann, wenn stark belastete Länder systematisch darauf verzichteten, Flüchtlinge zu registrieren und sie einfach weiterziehen liessen oder deren Rücknahme verweigern wollten.

Die Möglichkeiten, Dublin zu torpedieren, sind entsprechend vielfältig. Genau deswegen brauche es am Gipfel in Brüssel nun substanzielle Fortschritte. «Ich glaube und hoffe, dass heute und morgen wichtige Beschlüsse gefällt werden, um ein System zu kreieren, womit Dublin weiter existieren kann.»

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