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Disput um Urheberrechte Eine «Artikel-Piratin» lehrt Verlage das Fürchten

Die Fachzeitschrift «Nature» wählt Alexandra Elbakyan als «Artikel-Piratin» zu den zehn wichtigsten Wissenschaftler des Jahres. Ihr Beitrag: «Sci-Hub» – eine kontroverse Plattform, auf der gratis Forschungsartikel heruntergeladen werden können.

  • Alexandra Elbakyan gründete «Sci-Hub», eine Internetplattform für kostenlos verfügbare Forschungsartikel.
  • «Nature» zählt sie deswegen zu den zehn wichtigsten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern 2016.
  • «Sci-Hub» ist höchst umstritten, da sie laut US-Gericht gegen das Urheberrecht verstösst.

Forschung ist je nach Weltregion und universitärer Ausstattung teuer. Um einen Forschungsartikel herunterzuladen und zu lesen, muss eine Forscherin je nach Quelle mehr als 30 US-Dollar dafür zahlen. In Kasachstan entspricht das ungefähr dem, was eine Person in einer Woche für Nahrungsmittel ausgibt.

Alexandra Elbakyan, die in der Hauptstadt Almaty in Kasachstan forschte, regte das auf: Sie ist Informatikerin und Neurowissenschaftlerin und konnte sich wichtige Artikel nicht leisten. In den späten 2000er-Jahren tauschte sie sich deswegen in Internetforen aus: Sie publizierte dort eine Anfrage, jemand mit dem entsprechenden Zugang schickte ihr die kompletten Artikel zu.

Gratis – aber gegen das Urheberrecht

Dank ihren Informatikkenntnissen automatisierte sie schliesslich den Dienst – 2011 ging die Plattform Sci-Hub online. Die Internetseite funktioniert wie eine Suchmaschine: Über ein Eingabefeld lässt sich nach einem wissenschaftlichen Artikel suchen. Falls er noch nicht in der eigenen Datenbank vorhanden ist, ruft Sci-Hub den kostenpflichtigen Artikel beim entsprechenden Verlag ab, über einen zur Verfügung gestellten Account.

Nach eigenen Angaben sind so bereits knapp 60 Millionen Fachartikel zusammen gekommen, die die Plattform abspeichert.

Audio
Alexandra Elbakyan, die Gründerin von «Sci-Hub» (SRF4)
03:54 min
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 54 Sekunden.

Über Sci-Hub können also Forscher gratis eigentlich kostenpflichtige Artikel herunterladen. Kein Wunder, ist die Plattform den grossen Wissenschaftsverlagen ein Dorn im Auge: Der Konzern Elsevier, einer der grössten auf dem Markt, hat 2015 Klage gegen Sci-Hub und Alexandra Elbakyan erhoben. Ein US-Gericht verurteilte sie daraufhin wegen Urheberrechtsverletzung. Elbakyan ist deshalb in Folge untergetaucht, ihr derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt.

Fans und Feinde

Das renommierte Wissenschaftsmagazin «Nature» hat Alexandra Elbakyan trotzdem zu den zehn wichtigsten Persönlichkeiten 2016 gekürt. Zusammen etwa mit einer Astrophysikerin, einem Forscher für künstliche Intelligenz und einer Ärztin, die das Zika-Virus erforschte. Der Grund für die Wahl sei die bleibende Wirkung der Plattform, darin seien sich sowohl Kritikerinnen wie Befürworter einig, wie «Nature» schreibt.

Denn neben zufriedenen Forschern gibt es auch kritische Stimmen. Um die Artikel zu beziehen, stellen Wissenschaftlerinnen der Plattform ihre eigenen Zugangsdaten zur Verfügung, die sie von ihren jeweiligen Universitätsbibliotheken erhalten haben.

Mit anderen Worten: Der Zugang wird missbraucht, gleichzeitig bezahlen Bibliotheken für den Zugriff auf die Journale. Und das nicht zu knapp: 2014 zahlte die ETH beispielsweise sechs Millionen Franken an die Verlagsriesen Elsevier, Wiley und Springer.

Alle tun's

Sci-Hub selber erklärt, die Plattform unterstütze die Open-Access-Bewegung, die einen ungehinderten Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen fordert. Doch selbst die Open-Access-Bewegung ist gegenüber Sci-Hub gespalten – schliesslich macht sie nun eben urheberrechtlich geschütztes Material verfügbar.

Elbakyan wiederum lässt sich weder von Kritik noch vom Gerichtsverfahren abschrecken und beruft sich auf die Deklaration der Menschenrechte («am wissenschaftlichen Fortschritt teilhaben und dessen Vorteile nutzen», Artikel 27). Die Arbeit an ihrer Plattform will sie nicht aufgeben. Denn Sci-Hub floriert: Nicht nur Forscherinnen aus armen Ländern laden darüber Artikel herunter – alle tun‘s.

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