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«Eine Schändung der Republik»
Zum wiederholten Mal hat sich Frankreichs Staatspräsident François Hollande am Abend an seine Landsleute gewandt. Wieder hat ein Anschlag das Land erschüttert – und wieder fordert Hollande die Franzosen zur Einheit auf. Für die tödliche Geiselnahme in der Normandie fand er deutliche Worte.
Nach der Geiselnahme in einer Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray hat sich am Abend Präsident François Hollande an die Franzosen gewandt.
Er sprach von einer «neuen Bewährungsprobe für die Nation». «Eine Kirche anzugreifen, einen Priester zu töten, das ist eine Schändung der Republik, die die Gewissensfreiheit garantiert», sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung aus dem Pariser Élyséepalast.
Hollande rief das Land zur Einheit auf. «Was die Terroristen wollen, ist, uns zu spalten.» Die Regierung werde die in den vergangenen Monaten verschärften Anti-Terror-Gesetze voll anwenden. «Aber ich sage ganz klar: Unsere Rechte zu beschränken, von unseren Verfassungsregeln abzuweichen, würde nicht mehr Wirksamkeit im Kampf gegen den Terrorismus bringen, aber ganz sicher den kostbaren Zusammenhalt unserer Nation schwächen», so Hollande.
Premier spricht vom «Krieg der Religionen»
Premierminister Manuel Valls sprach von einem «Krieg der Religionen». Das Ziel des Anschlags war seiner Ansicht genau das. «Wenn sie einen Priester angreifen, die katholische Kirche, dann sieht man gut, was das Ziel ist», sagte Valls in einem Interview des Senders TF1. Es gehe darum, die Franzosen gegeneinander aufzuhetzen. Er rief die Franzosen auf, zusammenzustehen. «Unsere Antwort ist die Demokratie.»
Einschätzungen des Terrorismus-Experten Markus Kaim
«Es ist schwer zu beurteilen, ob wir es bei dem Anschlag gegen eine Kirche mit einer neuen Stufe des Terrors zu tun haben. Wir wissen derzeit noch nicht, ob es sich um einen Anschlag handelt, der vom IS in Auftrag gegeben und vorbereitet wurde – oder ob es sich um einen Anschlag handelte, der vom IS inspiriert wurde, der Tatort und die Tatzeit aber von den Tätern selbst bestimmt wurden. Ähnliche Fälle hatten wir auch in den vergangenen Tagen schon. Deshalb müssen wir offenlassen, ob der religiöse Ort eine besondere Rolle gespielt hat. [...] Das muss man nun der Polizeiarbeit überlassen. Ich halte mich zurück, die Tat dem IS zuzuschreiben. Wenn wir doch eines aus den Anschlägen der vergangenen Wochen gelernt haben, dann das: Die Grenze zwischen politisch motiviertem Terrorismus und psychischer Krankheit oder persönlicher Instabilität ist fliessend geworden. Und vor diesem Hintergrund bin ich etwas zurückhaltend mit sehr schnellen Zuweisungen.»
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Markus Kaim ist Sicherheitsexperte bei der Stiftung für Politik und Wissenschaft in Berlin. Er machte die Aussagen in der «Tagesschau».
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