An einer Gedenkfeier für die Opfer des Putschversuchs bemühte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seinen guten Willen zu zeigen. Er kündigte an, die gegen hunderte Menschen eingereichten Anzeigen wegen Präsidentenbeleidigung zurückzuziehen. In der Türkei sind nach offiziellen Angaben gut 1800 solcher Verfahren anhängig, auch gegen eine Reihe von Oppositionspolitikern.
Unklar war zunächst, ob Erdogan auch Anzeigen im Ausland zurücknehmen will. Gemäss Medienanwalt Ralf Höcker sind die Strafanzeigen wegen Beleidigung in Deutschland noch nicht ad acta gelegt.
Böhmermann-Klage bleibt
«Die Ankündigung bezieht sich nur auf die Türkei. In Deutschland ändert sich vorerst nichts», sagte er. Der Anwalt hat Präsident Erdogan bereits mehrfach bei rechtlichen Auseinandersetzungen wegen Beleidigung vertreten. Erdogan hat unter anderem über Höcker Anzeige gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann erstattet.
In seiner Rede beklagte sich Erdogan gleichzeitig auch über mangelnde Anteilnahme und Solidarität aus dem Westen. Kein einziger ranghoher westlicher Politiker habe seit dem gescheiterten Militärputsch vor zwei Wochen die Türkei besucht.
Klare Trennung zwischen Freund und Feind
Länder, die sich mehr um das Schicksal der Putschisten als um die türkische Demokratie sorgten, könnten keine Freunde sein, sagte er vor Hunderten Anhängern. Das Verhalten vieler Länder und ihrer Politiker sei beschämend.
Die westlichen Verbündeten der Türkei haben den Putschversuch verurteilt, sind aber überrascht, wie stark die Regierung gegen mutmassliche Beteiligte vorgeht. Zehntausende Soldaten, Polizisten, Beamte oder Lehrer sind suspendiert, entlassen oder verhaftet worden. Ihnen werden Verbindungen zu Erdogans Rivalen Fethullah Gülen vorgeworfen.