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International «Es fühlt sich nicht sicher an, überhaupt nicht»

In der kenianischen Stadt Garissa herrschen nach dem Anschlag auf eine Universität Angst, Wut und Verzweiflung: Wo sind Freunde und Verwandte? Werden die Terroristen der Al-Shabaab-Miliz wiederkommen?

Cynthia Cheroitich trank vor Durst Bodylotion, um zu überleben. Die junge Kenianerin versteckte sich in einem Schrank, als bewaffnete Männer am Donnerstag in die Universität in Garissa eindrangen und damit begannen, Studenten zu ermorden. Etwa 16 Stunden dauerte das Massaker in der ostkenianischen Stadt. Die Kämpfer der somalischen Terrormiliz Al-Shabaab töteten knapp 150 Menschen.

Cheroitich hat überlebt. Die 19-Jährige harrte aus Angst zwei Tage in dem Schrank aus, erst am Samstag wurde sie gerettet. Sie kann kaum das Handy halten, das ihr eine Krankenschwester gibt, um ihre Eltern anzurufen. Die Schwester und ein Arzt müssen ihr auf ein Krankenbett helfen, so schwach ist sie. «Jetzt müssen Sie sich ausruhen», sagt die Krankenschwester. «Keine Telefonate mehr.»

Ein Land in Trauer

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In Kenia hat am Sonntag eine dreitägige Staatstrauer begonnen. Die Flaggen wehten auf Halbmast, während christliche und muslimische Geistliche zur Einheit aufriefen und in Gottesdiensten für die Opfer gebetet wurde. Präsident Kenyatta warnte davor, Muslime zu Sündenböcken zu machen. Er kündigte zugleich eine harte Reaktion auf die Angriffe an.

Jagd auf Christen

Die 120'000-Einwohner-Stadt steht unter Schock. Die Terroristen machten gezielt Jagd auf Christen. Sie erschossen jeden, der Fragen zum Koran nicht beantworten konnte.

Anwohner durchbrachen Polizeiabsperrungen, um einen Blick auf die Leichen der vier getöteten Attentäter in der Leichenhalle zu erhaschen. Die Terroristen sprengten sich nach Angaben der Regierung in die Luft. Augenzeugen berichten auch von Schusswunden. Später werden die Leichen auf der Ladefläche eines Kleintransporters durch die Stadt gefahren.

«Wir haben die Leichen gesehen. Nun sind wir zufrieden», sagt die Aktivistin Rahman Hussein. Johnson Mutinda hingegen will die Leichen loswerden. Al-Shabaab könnte sonst kommen und sie holen, befürchtet er. «Diese Leute haben keine Religion. Wir sollten ihre Leichen verbrennen.» Viele können es nicht fassen, dass einige der Attentäter Kenianer waren.

Universität bleibt geschlossen

Im Krankenhaus, wo Cynthia Cheroitich und mehr als 100 andere Verletzte behandelt werden, suchen verzweifelte Menschen nach Angehörigen. Regina Mulandi vermisst ihre Verwandte Monica Mwanzia, eine Studentin im zweiten Studienjahr.

Ihr Vater hat sich auf den weiten Weg nach Nairobi gemacht, dort werden viele der Verletzten behandelt. Aber es fehlt jede Spur von der jungen Frau. «Ich warte immer noch auf Nachricht», sagt Mulandi. Aus dem ganzen Land kämen besorgte Anrufe, erzählt Ibrahim Aden Ali, ein Gemeindeaktivist. «Eltern sind bestürzt und besorgt.»

Die Moi-Universität bleibt auf Anweisung der Regierung geschlossen. Angst geht um in der nur 140 Kilometer von der somalischen Grenze entfernten Stadt. Die Bewohner sprechen oft nur im Flüsterton. «Es fühlt sich nicht sicher an. Überhaupt nicht», meint etwa Ralph Kombo.

Garissa bereits mehrfach Ziel von Al-Shabaab

Garissa wurde bereits mehrmals zum Ziel von Al-Shabaab. In der Stadt sind kenianische Soldaten stationiert. Diese bekämpfen die Terrormiliz im benachbarten Somalia.

Doch dieser Anschlag sei anders gewesen als die vorherigen Angriffe, sagt Jacob Olweny, der seit zwanzig Jahren in Garissa lebt. «Die Menschen, die ermordet wurden, waren unschuldig.» Er ist geschockt, aber aufgeben will er nicht: «Wir leben in Angst. Aber das ist unser Land. Wir werden nicht flüchten.»

Kenias Präsident Uhuru Kenyatta drohte den Attentätern mit Konsequenzen. «Mitglieder von Al-Shabaab beten Selbstmord und die Ermordung von Kindern durch eine tyrannische Ideologie an», sagt er.

Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Für die Wirtschaft in Garissa ist dies ein schwerer Schlag. Er habe zehn seiner besten Kunden verloren, berichtet der 23 Jahre alte Bernard Oyalo. Er fährt Motorradtaxi. Er habe mit einem der Studenten, seinem Cousin, während der Belagerung telefoniert. «Er hat leise gesprochen, erzählt, dass die Studenten zusammengetrieben wurden.» Er habe sich noch versteckt.

Als Oyalo das nächste Mal anrief, hob ein Polizist ab. Er sagte: «Dein Freund ist nicht mehr bei uns.» Sein Cousin war tot. «Ich kann seitdem nicht mehr arbeiten», erzählt der erschütterte Mann.

Die Schliessung hat auch Auswirkungen auf die Gesellschaft in Garissa. Die meisten der etwa 850 Studenten waren Christen, ein Zeichen der Toleranz in der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung. Die Aktivistin Hussein warnt: «Die Uni zu schliessen, ist ein Zeichen für das Ende des Zusammenlebens von Christen und Muslimen.»

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