Die EU und die türkische Regierung haben sich auf ein Abkommen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise geeinigt. Die EU-Staats- und Regierungschefs billigten im Grundsatz das Verhandlungsergebnis, das Gipfelchef Donald Tusk nach Vorgesprächen mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu präsentiert hatte. Mit dem in Brüssel vereinbarten Massnahmenpaket soll der Migrationsstrom über die Ägäis Richtung Europa gestoppt werden. Wie soll dies geschehen?
Die Kernpunkte des Abkommens
- Alle Migranten und Flüchtlinge, die in Griechenland ankommen, werden zurück in die Türkei geschafft.
- Für einen zurückgeschafften Syrer übernimmt die EU einen anderen Syrer aus einem türkischen Flüchtlingslager.
Die Idee dahinter: Der Weg über das Mittelmeer wird unattraktiv und den Schleppern wird die Geschäftsgrundlage entzogen.
Die Türkei bekommt im Gegenzug
- Zusätzlich drei Milliarden Euro für die Betreuung von Flüchtlingen im eigenen Land.
- Aussicht auf eine baldige Aufhebung der Visapflicht für Türken in der EU.
- Fortschritte bei den EU-Beitrittsverhandlungen.
Die EU spricht von irregulären Migranten – de facto sind das aber fast alle an den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Menschen, sagten Diplomaten. Es solle keine Massenabschiebungen geben, Griechenland solle jeden Einzelfall prüfen.
Endgültige Zustimmung fehlt noch
Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka teilte auf Twitter mit: «Das Abkommen mit der Türkei ist gebilligt. Alle illegalen Migranten, die aus der Türkei nach Griechenland gelangen, werden ab dem 20.3. zurückgebracht!»
Bisher war nur davon die Rede gewesen, dass sehr rasch mit den Rückführungen begonnen werden solle. Es fehle aber noch die endgültige Zustimmung der türkischen Seite. Dies berichteten EU-Diplomaten in Brüssel.
«Historischer Tag»
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sprach nach der Flüchtlingsvereinbarung mit der EU von einem «historischen Tag».
Ziel sei es gewesen, die Menschenschmuggler abzuschrecken und die legale Migration zu verankern. So könne der Tod von Kindern und Frauen in der Ägäis vermieden werden, sagte Davutoglu in Brüssel.
Es handle sich um eine «sehr faire Lösung», auch für Flüchtlinge, die eine legale Migration suchten. Die Lastenteilung sei ebenso enthalten und es handle sich um einen ausgewogenen Ansatz.
Heftige Kritik
Laut der vorbereiteten Abschlusserklärung hatte die EU insgesamt 72'000 Plätze zur legalen Aufnahme von Syrern aus der Türkei angeboten. Falls diese Zahl überschritten werde, solle die Regelung ausgesetzt werden, berichtete der Diplomat.
Menschenrechtsorganisationen äusserten heftige Bedenken. «Die EU verkauft die Menschenrechte von Flüchtlingen an die Türkei.
Im Grenzstaat Griechenland drohen nun pro-forma-Verfahren mit anschliessender Masseninhaftierung und Massenabschiebung», schreibt Pro-Asyl Deutschland in einer Mitteilung.