Seit Jahren liegt die Idee auf dem Tisch: Eine Abgabe auf Börsengeschäfte soll Spekulanten bremsen und Beiträge für die öffentliche Hand generieren. Jetzt scheint der Vorschlag langsam konkret zu werden.
Deutschland und neun andere EU-Länder wollen die seit langem diskutierte europäische Finanzsteuer noch in diesem Jahr realisieren. Im Dezember könnte ein Gesetzesentwurf gebilligt und die Finanztransaktionssteuer ab 2018 erstmals erhoben werden.
Diesen Zeitplan präsentierte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach einem Ecofin-Treffen, dem EU-Finanzministerrat in Luxemburg. Auch der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici möchte die Steuer bis zum Jahresende realisieren.
Start im Alleingang von zehn Staaten
Die Abgabe auf den Handel mit Aktien oder Derivaten ist seit der Weltfinanzkrise 2008 immer wieder ein Thema. Sie soll spekulative Geschäfte bremsen und gleichzeitig die Staatskassen füllen. Weil sich bislang kein Rückhalt für eine weltweite oder EU-weite Einführung fand, wollen jetzt zehn EU-Staaten alleine beginnen. Allerdings fürchten sie Nachteile im Wettbewerb mit anderen Finanzstandorten und quälen sich seit Jahren mit den Details.
Entscheid bis Ende Jahr
Die EU-Kommission erarbeite den Gesetzestext. «Wenn dann alles gut geht, können wir im Dezember Ja oder Nein sagen», erläuterte Schäuble. Nötig wären mindestens neun EU-Staaten, um das Projekt zu starten. Derzeit sehe es danach aus, dass dies möglich sei.
EU-Währungskommissar Moscovici erklärte auf Twitter, noch nie sei eine endgültige Einigung so nah gewesen. «Ich glaube, viele Menschen erwarten, dass der Finanzsektor zur Finanzierung wichtiger öffentlicher Güter beiträgt, zum Beispiel Entwicklung und Klimaschutz», sagte er in Luxemburg.
Schäuble warnte angesichts des langwierigen Werdegangs vor zu hohen Erwartungen: «Deutschland ist Pionier in dieser Frage; immer gewesen.» Doch verwies er auch auf seine Initiative im Kreis der 20 grossen Industrie- und Schwellenländer, die Steuer möglichst global einzuführen. Die Befürchtung ist aber, dass Spekulanten auf andere Finanzplätze ausweichen, wenn nur wenige Staaten mitmachen.