- 81 Prozent der weissen Evangelikalen stimmten im November für Donald Trump.
- Am «National Prayer Breakfast» letzte Woche sprach Trump über seinen Glauben.
- Trump unterschrieb ein Dekret, das das Geld für Abtreibungen im Ausland streicht.
- Er versprach, weitere religiöse Anliegen dieser wichtigen Wählergruppe umzusetzen.
Fast 3000 gläubige Menschen sitzen im Saal, als Präsident Donald Trump ans Rednerpult tritt. «National Prayer Breakfast» – nationales Gebet-Frühstück heisst der Anlass in Washington, der seit 1953 jedes Jahr durchgeführt wird.
Trump redet zuerst über seine TV-Show «The Apprentice», die neuerdings von Arnold Schwarzenegger moderiert wird und schlechte Einschaltquoten hat. «Betet bitte für Arnold und bessere Quoten», fordert Trump das Publikum auf. Er spricht später auch noch ernsthafter über Religion, aber in der ganzen Ansprache ist unüberhörbar: Der Glaube an Gott ist für den Republikaner keine Herzenssache.
«Trump hat mit Christentum nicht viel am Hut»
Viele Christen hätten mit sich gerungen, Trump zu wählen – gerade wegen dessen Persönlichkeit, sagt David Christensen von der einflussreichen religiösen Lobby-Organisation «Family Research Council». Ein Kandidat, der zum dritten Mal verheiratet ist, der Nächstenliebe nur für sich selber zu kennen scheint, der Frauen begrabscht, Leute beschimpft und Bibelverse falsch zitiert, ist in der Tat nicht die erste Wahl für strenggläubige Christen.
Und trotzdem hat Trump 81 Prozent der Stimmen der weissen Evangelikalen erhalten, mehr als Präsident George W. Bush, und der war immerhin ein wiedergeborener Christ. Ohne diese Stimmen hätte Trump nicht gewonnen.
Auch die Gäste am «National Prayer Breakfast» haben ihm ihre Stimme gegeben. Trump habe zwar mit der christlichen Tradition nicht viel am Hut. Aber er habe viele Leute um sich herum, die ihn in religiösen Fragen beraten könnten, sagt John aus Colorado. «Wir haben alle unsere Vergangenheit», so Steven aus Kalifornien.
Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
«Wählt mich, und ich erfülle dafür eure Anliegen»
Trump sei von seinem Lebenswandel und seiner religiösen Praxis her zwar kein christliches Vorbild, aber er habe im Wahlkampf mit den Evangelikalen einen Pakt geschlossen, sagt Frederick Clarkson, der christlichen Fundamentalismus in den USA für die progressive Denkfabrik «Political Research Associates» untersucht.
Der Pakt lautet: Ihr wählt mich, und ich setze dafür als Präsident eure Anliegen um. Und genau das tut Trump im Weissen Haus. «Er macht das bis jetzt recht gut», lobt ihn David Christensen vom «Family Research Council».
Trump hat zum Beispiel ein Dekret erlassen, das die öffentliche Finanzierung von Abtreibungen im Ausland verbietet. Und er hat mit Neil Gorsuch einen stramm konservativen Richter für den Supreme Court nominiert.
Auch die beiden wichtigsten Anliegen der Evangelikalen treibt er voran. So will er Sonderregeln für Christen einführen, die aufgrund ihres Glaubens keine Geschäfte mit gleichgeschlechtlichen Paaren abwickeln wollen – zum Beispiel Wirte, die keine Schwulenpaare bedienen möchten. Etwas, das die Obama-Regierung bekämpfte, weil sie es als Diskriminierung betrachtete. Ausserdem will Trump Hürden für Abtreibungen aufstellen, obwohl der Supreme Court Abtreibungen 1973 für legal erklärt hatte.
Trumps Taten heiligen die Wahl des Präsidenten
Die «New York Times» schrieb kürzlich, Trump sei ein Trojanisches Pferd für die christliche Rechte. Das, was er tue, sei wichtiger als das, was er sei, sagt Christensen. Trumps Taten heiligen für die Evangelikalen die Wahl des Präsidenten.
Kirchenkritische Kräfte sehen die Grenze zwischen Staat und Religion bröckeln. Kein Präsident der jüngeren Geschichte hatte mehr strenggläubige Christen in sein Kabinett berufen als Trump. Das habe einen Einfluss auf die Arbeit der Bundesverwaltung, warnt Frederick Clarkson von den «Political Research Associates».
Weder Reagan noch die Bushs hätten den Evangelikalen so viel gegeben wie Trump, sagt er. Das ist auch den Gästen am «National Prayer Breakfast» nicht entgangen. Sie haben Trump ins Herz geschlossen.
Trump habe über Jesus und seinen Glauben gesprochen. Er habe immerhin wie ein Christ geklungen, meint Lisa aus Tennessee. Solange sich die konservativen Christen von Trump so gut bedient fühlen, werden sie ihm seinen Lebenswandel verzeihen.