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International Flüchtlingsdrama im Mittelmeer: 900 Tote befürchtet

Das jüngste Flüchtlingsdrama im Mittelmeer könnte weit mehr Opfer gefordert haben, als zunächst berichtet. Über 900 Menschen könnten beim Untergang des überfüllten Bootes rund hundert Kilometer vor der libyschen Küste getötet worden sein. Erst 28 Menschen konnten lebend geborgen werden.

Europa wird von einer neuen Flüchtlingskatastrophe erschüttert. Vor der Küste Libyens sind nach Angaben der UNO rund 700 Menschen ertrunken, laut einem Überlebenden möglicherweise gar über 900 - so viele wie nie zuvor beim Untergang eines Schiffes mit Flüchtlingen.

Video
Neue Flüchtlingstragödie im Mittelmeer
Aus Tagesschau vom 19.04.2015.
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Grossangelegte Suchaktion

In der Nacht zum Sonntag sank laut der italienischen Küstenwache das rund 20 Meter lange Schiff. Zunächst konnten nur 28 Menschen gerettet werden, 24 Leichen wurden geborgen. Das Unglück ereignete sich knapp ausserhalb libyscher Gewässer rund 110 Kilometer von der Küste Afrikas entfernt und etwa 200 Kilometer südlich der italienischen Insel Lampedusa.

Die italienische Küstenwache und Marine leiteten eine grossangelegte Suche ein, an der sich 17 ihrer Schiffe sowie mehrere Flugzeuge, Handelsschiffe und ein maltesisches Patrouillenboot beteiligten.

Nach Angaben einer Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR berichteten Überlebende, dass möglicherweise weit mehr als 700 Menschen an Bord des Schiffes gewesen seien. «Das Boot kenterte, weil alle Leute schlagartig auf eine Seite rannten, als sich ein Frachter näherte. Sie hofften, das Schiff würde sie retten», sagte Carlota Sami.

Kartenausschnitt mit den Küsten Libyens, Italiens und der Insel Lampedusa
Legende: Zwischen Italien und Libyen hat sich das Unglück ereignet. SRF

«Wir waren 950 Menschen an Bord»

Ein aus Bangladesch stammender Überlebender sagte der Staatsanwaltschaft Catania auf Sizilien allerdings: «Wir waren 950 Menschen an Bord, auch 40 bis 50 Kinder und etwa 200 Frauen.» Viele Menschen seien im Laderaum eingeschlossen gewesen. Die Schmuggler hätten die Türen geschlossen und verhindert, dass sie herauskommen. Mit dem neuen Unglück stieg die Zahl der umgekommenen Flüchtlinge auf über 1500 seit Jahresbeginn. Die Flucht über das Mittelmeer wird für immer mehr Menschen zur Todesfalle.

An Bord des etwa 20 Meter langen Bootes sollen jedoch Hunderte Menschen gewesen sein. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) könnte es sich um die schlimmste Tragödie der jüngsten Vergangenheit in der Region handeln. Die EU-Kommission will der Tragödie nun politische Konsequenzen folgen lassen.

«Triton» statt «Mare Nostrum»

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Italien stellte im Herbst 2014 die Rettungsmission «Mare Nostrum» ein, weil sich die EU-Partner nicht an der Finanzierung beteiligen wollten. Seitdem läuft unter Führung der EU-Grenzschutzagentur Frontex die kleinere Mission «Triton». Sie dient vorwiegend der Sicherung der EU-Aussengrenzen und nicht der Rettung der Flüchtlinge.

Suche nach Überlebenden inmitten der Leichen

Die italienische Küstenwache und Marine, Einsatzkräfte aus Malta und der EU-Grenzschutzmission «Triton» sind mit Dutzenden Schiffen und Flugzeugen vor der libyschen Küste und südlich von Lampedusa im Einsatz. «Sie suchen buchstäblich unter den im Wasser treibenden Leichen nach Überlebenden», sagte der Regierungschef von Malta, Joseph Muscat.

Das Wasser im Mittelmeer ist nur rund 16 Grad warm, viele der Migranten konnten zudem vermutlich nicht schwimmen.

«Dies ist möglicherweise die grösste Tragödie, die sich jemals im Mittelmeer ereignet hat», sagte Muscat. Unter den Toten seien Kinder, Frauen und Männer.

Traurige Bilanz 2015

«Wenn sich die Bilanz dieser erneuten Tragödie bestätigen sollte, sind in den vergangenen zehn Tagen mehr als 1000 Menschen im Mittelmeer ums Leben gekommen», sagte Carlotta Sami, Sprecherin des UNHCR, dem italienischen TV-Sender Rai. Bereits Anfang der Woche hatten Überlebende nach einem Unglück von etwa 400 Vermissten berichtet. Die Bilanz der Toten seit Anfang des Jahres im Mittelmeer würde damit auf mehr als 1500 steigen.

Muscat sagte, die Tragödie sei ein weiterer Beweis, dass Italien und Malta mehr Unterstützung von den europäischen Partnern benötigten.

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