- EU-Kommission läutet Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik ein
- Einführung eines Quotensystems: Flüchtlinge sollen auf alle EU-Länder verteilt werden können
- Berechnung des Verteilschlüssels: Nach Bevölkerung, Wirtschaftskraft, Asylanträgen und Arbeitslosenquote des EU-Staates
- Deutschland soll am meisten Flüchtlinge aufnehmen
Die EU-Kommission hat sich in der Flüchtlingspolitik auf einen Kompromiss geeinigt: Bei einem plötzlichen Zustrom von Flüchtlingen soll es zeitlich befristet einen Verteilungsschlüssel für schutzbedürftige Personen geben. Dies schlägt die EU-Kommission vor.
Die Kriterien für die Zahl der Aufzunehmenden sollen die Wirtschaftsleistung, Einwohnerzahl und Arbeitslosenquote sowie die bisher aufgenommenen Flüchtlinge und die Asylanträge eines EU-Landes sein.
Auf Deutschland entfallen demnach am meisten Flüchtlinge (18,42 Prozent), es folgen Frankreich und Italien.
Ausserdem will die EU-Behörde anerkannte Flüchtlinge von ausserhalb der EU umsiedeln, etwa aus Lagern rund um Syrien. Für die Neuansiedlung will die EU in allen Staaten 20'000 Plätze anbieten. Für das Programm werden in diesem und im nächsten Jahr 50 Millionen Euro bereitstehen.
Opting-out für Grossbritannien
Gegen die Brüsseler Pläne für ein Quotensystem gibt es aus mehreren Ländern Widerstand. Grossbritannien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die baltischen Staaten lehnen das Vorhaben ab. Die Vorschläge, die von den EU-Staaten abgesegnet werden müssen, sehen aber das Recht für Grossbritannien, Irland und Dänemark vor, sich dem Quotensystem nicht anzuschliessen.
Grossbritannien hinkt bei der Aufnahme von Asylsuchenden aus der Mittelmeerregion deutlich hinter anderen grossen EU-Ländern her. Im vergangenen Jahr behandelten die Briten rund 30'000 Asylanträge. Deutschland hatte im Vergleich dazu rund 200'000 Anträge zu bearbeiten.
Schwierige Verhandlungen erwartet
Sebastian Ramspeck, SRF-Korrespondent in Brüssel, erwartet schwierige und hitzige Diskussionen in den kommenden Monaten. Denn die Vorschläge müssen auf Gesetzesebene umgesetzt werden.
Nach dem Dublin-Verfahren sollen Asylbewerber eigentlich in dem Land bleiben, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Das überfordert Länder wie Italien oder Griechenland, wo besonders viele Bootsflüchtlinge ankommen.
Zudem schlägt die EU-Kommission vor, härter gegen Schleuserbanden vorzugehen und die legale Zuwanderung etwa von qualifizierten Arbeitskräften in die EU-Staaten zu erleichtern.
Illegale Flüchtlinge sollen zurückgeführt werden
Die Kommission stellt rund 90 Millionen Euro bereit, um die Mittel für die Seenotrettung durch die EU-Grenzschutzmissionen «Triton» und «Poseidon» zu verdreifachen. Dies hatte der EU-Sondergipfel nach den Unglücken im Mittelmeer mit Tausenden Toten beschlossen.
Die Grenzschutzmission Frontex soll ein erweitertes Mandat bekommen, um illegale Flüchtlinge zurückführen zu können. «Wir müssen da hart bleiben», sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos.