Al-Dschasira ist gewiss keine neutrale Quelle über die politischen Ereignisse in Ägypten. Der einflussreiche Fernsehsender aus Katar unterstützt die Muslimbrüder und verurteilte vom ersten Tag an die Militärregierung von Diktator Abdelfattah al-Sisi.
Zu 15 Jahren Haft verurteilt
Mit unerbittlicher Härte geht Kairo deswegen gegen Al-Dschasira vor. Das Regime schloss dessen Büros und verurteilte mehrere, darunter auch britische, kanadische und australische Mitarbeiter des Senders. Gar zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde das Aushängeschild des Senders, Ahmed Mansour. Angeblich soll er an Tätlichkeiten gegen einen Anwalt auf dem Tahrir-Platz in Kairo beteiligt gewesen sein. Er selber und Al-Dschasira bezeichnen das als «absurd».
Trotzdem wurde Mansour am Samstag auf dem Berliner Flughafen Tegel verhaftet. Er hatte in Berlin ein Interview mit einem Nahost-Experten geführt.
«Mansour machte nur seinen Job»
«Freiheit für Ahmed Mansur» verlangen Demonstranten in Deutschland. Auch das International Press Institute IPI, dem auch Radio SRF angehört, fordert seine Freilassung.
Direktorin Barbara Trionfi kritisiert, dass das Al-Sisi-Regime seit seinem Machtantritt erbarmungslos gegen Journalisten und Blogger vorgehe. Die «Reporters sans Frontières» kritisieren, dass sich Deutschland zum Komplizen einer Militärdiktatur mache.
Mansours Anwalt beteuert, der Journalist habe in Ägypten nichts anderes gemacht als seine Aufgabe erfüllt, nämlich kritisch über problematische Entwicklungen zu berichten.
Bedingungen für Interpol-Fahnung nicht erfüllt
Mansur selber vermutet, seine Verhaftung stehe im Zusammenhang mit dem Staatsbesuch des ägyptischen Militärmachthabers in Berlin vor wenigen Tagen. Auffallend war, dass Deutschland al-Sisi dabei keinerlei Zugeständnisse abgetrotzt, hingegen Milliardengeschäfte ausgehandelt hat.
Die Verhaftung in Berlin basiert auf einem ägyptischen Haftbefehl. Interpol hat im Herbst 2014, entgegen der Forderung Kairos, keinen internationalen Fahndungsaufruf lanciert, da die Bedingungen der Weltpolizeibehörde nicht erfüllt seien.
Die Inhaftierung Mansurs verlangt nun nach Antworten von der deutschen Politik und Justiz.