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Kreml-Kritiker Chodorkowski nach Deutschland gereist
Aus Tagesschau vom 20.12.2013.
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International Genschers Coup

Langsam kommt immer mehr Licht ins Dunkel rund um die überraschende Freilassung des russischen Regimekritikers. Zweimal soll sich der deutsche Ex-Aussenminister Genscher persönlich mit Putin getroffen haben. Über die weiteren Pläne Chodorkowskis herrscht aber weiter Unklarheit.

Der alte Fuchs hat es wieder geschafft. Während alle noch über die unsichere Zukunft des ehemaligen russischen Öl-Milliardärs Michail Chodorkowski spekulierten, hatte ihn Hans-Dietrich Genscher längst nach Deutschland gelotst.

Der 86-Jährige holte ihn persönlich am Flughafen Berlin-Schönefeld ab – noch bevor die Fotografen in Position waren, um das an diesem Tag begehrteste Bild zu schiessen. Chodorkowski kam mit einem Firmenflugzeug nach Berlin, das Genscher organisiert hatte.

«Gespräche mit der Familie sehr anrührend»

Immerhin ging Genscher, wenn auch nur kurz, ans Handy. Es ist 15.40 Uhr, als er auf die Frage, ob Chodorkowski neben ihm im Wagen sitze, knapp, aber bestimmt sagte: «Ja, das bestätige ich.» Beide waren auf dem Weg in die Berliner Innenstadt.

Genscher erzählte der deutschen Nachrichtensendung «ARD-Tagesthemen» später: «Ich habe im Auto, obwohl ich Russisch nicht verstehe, die Gespräche miterlebt mit seinen Familienangehörigen, das war schon anrührend.» Und: «Ich glaube, dass er jetzt durchatmen wird und darauf warten wird, dass er morgen seine Familie in die Arme schliessen kann.»

Ohne eine Bestätigung dafür erhalten zu haben, gehen Beobachter davon aus, dass Chodorkowski im Berliner Hotel «Adlon» logiert. Zumal Genscher am späten Nachmittag eben dieses Hotel verliess.

Keine Kompensationsgeschäfte, kein Schuldeingeständnis

Genscher hatte den einst reichsten Mann Russlands als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (2001 bis 2003) kennengelernt. Dessen Anwälte hätten ihn dann um Unterstützung gebeten. Zweimal habe er deswegen mit Chodorkowskis Gegner, Russlands Präsident Wladimir Putin, reden können.

Am Freitagmorgen konnte der 50-jährige Chodorkowski dann nach zehn Jahren Haft das Straflager verlassen – ein gutes halbes Jahr früher als bisher erwartet. Putin hatte seinem Gnadengesuch entsprochen. Laut Chodorkowski hat er für seine Begnadigung kein Schuldeingeständnis leisten müssen.

Dauer-Exil oder Opposition – alles ist noch offen

Der Kremlkritiker habe darum gebeten, nach Berlin zu reisen, weil in Deutschland seine an Krebs erkrankte Mutter behandelt werde, hiess es in Russland. Die alte Dame ist nach eigenen Angaben zur Zeit zwar noch in Russland, wird aber wohl zur weiteren Behandlung rasch in Deutschland zurückerwartet.

Trotz dieser Erklärungen wurde spekuliert, weshalb Chodorkowski ausgerechnet nach Berlin gekommen ist. Menschenrechtler hatten ihm bereits eine führende Rolle beim Aufbau der Zivilgesellschaft in Russland angeboten. Ob sich dieser aber dort politisch wieder betätigen kann oder sein Aufenthalt im Ausland eher zu einem Exil wird, ist derzeit offen.

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