Die Finanzkrise in Griechenland greift um sich. Das Nachbarland Mazedonien wies seine Banken an, ihre gesamten Einlagen bei griechischen Geldhäusern abzuziehen. Zudem wurden «vorbeugende Massnahmen» beschlossen, die den Abfluss von Geldern Richtung Griechenland eindämmen sollen.
Angst vor Ansteckung
Die Zentralbank in Skopje teilte am späten Sonntagabend mit, die Schritte seien nur vorübergehend. Es gehe darum, einen möglicherweise signifikanten Geldabfluss zu verhindern, der in Mazedonien zu Problemen im Finanzsektor führen könne. Die mazedonischen Banken sollten dabei alle Einlagen zurückholen, die sie bei griechischen Instituten oder deren weltweiten Ablegern hätten.
Der Schritt Mazedoniens ist das erste konkrete Anzeichen dafür, dass sich ein Land gegen eine Ansteckung möglicher griechischer Finanzmarktturbulenzen zu schützen sucht.
Maximal 60 Euro täglich
Verunsicherte Verbraucher und Unternehmen hatten zuletzt wegen der Krise rund um die Finanzen des Landes grosse Mengen Bargeld von ihren Konten abgehoben. Angesichts der akuten Schuldenkrise bleiben die Banken des Landes bis zum 6. Juli geschlossen. Geldautomaten könnten heute Montag bis zum späten Nachmittag nicht genutzt werden.
Danach werden die täglichen Barabhebungen an Geldautomaten für Griechen auf 60 Euro pro Tag beschränkt. Zuvor war von einem Limit von 100 Euro die Rede gewesen.
Online-Überweisungen nur innerhalb des Landes
Die Bankenschliessung gilt damit bis nach dem Referendum über die Vorschläge der internationalen Geldgeber Griechenlands am kommenden Sonntag. Das wurde in einer in der Nacht in Athen veröffentlichten amtlichen Mitteilung festgelegt.
Online-Überweisungen innerhalb Griechenlands seien weiterhin erlaubt, nicht aber ins Ausland, sagte ein Regierungsvertreter nach einer Kabinettssitzung, auf der die Notfall-Massnahmen abgesegnet wurden.
Besucher aus dem Ausland seien von den Massnahmen nicht betroffen. Mit ausländischen Bankkarten gebe es keine Beschränkungen, hiess es. Die Zeitung «Kathimerini» berichtete auf ihrer Internetseite ohne Angabe einer Quelle, auch die Börse in Athen solle mindestens eine Woche geschlossen bleiben.
Massnahmen «von extremer Dringlichkeit»
Mit der offiziellen Bekanntgabe wurden entsprechende Berichte griechischer Medien bestätigt. Unterzeichnet wurden die Verfügungen von Griechenlands Staatschef Prokopis Pavlopoulos und Regierungschef Alexis Tsipras.
- EZB hält Griechenland vorerst über Wasser EZB hält Griechenland vorerst über Wasser
- Für Transparenz: EU veröffentlicht jüngstes Angebot an Athen Für Transparenz: EU veröffentlicht jüngstes Angebot an Athen
- Griechische Banken bleiben am Montag geschlossen Griechische Banken bleiben am Montag geschlossen
- Griechenland in der Krise: Ein Blick zurück Griechenland in der Krise: Ein Blick zurück
Es handele sich um Massnahmen «von extremer Dringlichkeit». Sie sollten «das griechische Finanzsystem und die griechische Wirtschaft wegen des Mangels an Liquidität schützen, der durch die Entscheidung der Eurogruppe vom 27. Juni gegen die Ausweitung des Abkommens über die Kredite für Griechenland herbeigeführt» worden sei, heisst es in der Mitteilung.
Ausländer ausgenommen
Die griechische Regierung hatte zuvor mitgeteilt, die Einschränkungen bei Abhebungen an Geldautomaten würden nicht für Besucher aus dem Ausland gelten, wenn diese «mit einer in ihrem Herkunftsland ausgestellten Kreditkarte Transaktionen und Abhebungen» vornehmen wollten. Touristen dürften damit weniger unter der aktuellen Krise leiden.
Allerdings waren einige Geldautomaten in Griechenland wegen des Ansturms der Kunden bereits leer.
Drastisch verschlechterte Lage
Tsipras hatte am Sonntagabend in einer Fernsehansprache angekündigt, dass die Banken in Griechenland am heutigen Montag vorerst geschlossen blieben. Der Bankensektor solle mit Kapitalverkehrskontrollen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Die Dauer der Massnahme hatte Tsipras in der Ansprache noch nicht mitgeteilt.
Die Lage in Griechenland hatte sich am Wochenende drastisch verschärft: Aus Sorge um ihre Ersparnisse versuchten zahlreiche Griechen, ihr Geld abzuheben. Vor Geldautomaten bildeten sich lange Schlangen.
Krisen-Telefonat von Obama mit Merkel
US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben wegen der Griechenland-Krise telefoniert und ihre Besorgnis ausgedrückt.
Beide Seiten hielten es für äusserst wichtig, alles zu unternehmen, um einen Weg zu finden, der es Griechenland erlaube, innerhalb der Eurozone Reformen umzusetzen und Wachstum zu erzielen, teilte das Weisse Haus am Sonntagabend mit. Wirtschaftsexperten beider Länder beobachteten die Situation und stünden in engem Kontakt.