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Big Ben vor blauem Himmel, im Vordergrund sind die Umrisse eines britischen Polizisten erkennbar
Legende: Schon seit Monaten drohen britische Dschihadisten in Syrien und im Irak, den Terror nach Grossbritannien zu bringen. Reuters

International Grossbritannien arbeitet an verschärftem Terror-Gesetz

Einreiseverbote, Einzug von Pässen von Terrorverdächtigen sowie Überwachung von E-Mails und Telefonen: Die Pariser Attentate haben die Diskussion um den «Schnüffelstaat» in Grossbritannien deutlich angeheizt. Inwiefern der Wahlkampf dabei eine Rolle spielt, erklärt uns SRF-Korrespondent Urs Gredig.

«Seit den Anschlägen ist Premier David Cameron in engem Kontakt mit seinen Sicherheitsexperten», sagt SRF-Korrespondent Urs Gredig. Dabei gehe es vor allem um die Frage, ob die Terrorwarnstufe noch einmal erhöht werden soll. Seit letztem Jahr sei diese auf der zweithöchsten Stufe. Bislang wurde eine weitere Verschärfung verworfen. «Trotzdem – die Angst ist gross vor einem ähnlichen Anschlag wie in Paris.»

«Zu Spannungen in der Bevölkerung oder zwischen Religionsgruppen ist es wegen der Pariser Bluttat bisher nicht gekommen», stellt Gredig fest. Die britische Gesellschaft gelte als sehr tolerant und habe – wie überall in Europa – primär mit Solidaritätsbekundungen auf die Geschehnisse reagiert.

Immer wieder Attentate

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Die bislang schwersten Anschläge ereigneten sich im Juni 2005. Damals kam es zu einer Serie von islamistischen Selbstmordattentaten in London. Die Täter nutzten während der morgendlichen Hauptverkehrszeit die Londoner U-Bahn. Fast zeitgleich kam es zu vier Explosionen. Diese wurden durch so genannte «Rucksackbomber» ausgelöst. Bilanz: 56 Tote.

Umstrittene Massnahmen

Schon seit Monaten drohen zahlreiche britische Dschihadisten im Internet, den Terror aus Syrien oder dem Irak nach Grossbritannien zu bringen. Die Regierung reagiere auf die Gefahr mit einem verschärften Terrorgesetz. «Cameron will das Gesetz bis Mitte Februar durch das Parlament bringen», sagt Gredig. Der Entwurf sehe unter anderem Einreiseverbote oder das Einziehen von Reisedokumente für Terrorverdächtige vor.

Cameron habe diese Woche zudem angekündigt: Bei einem Wahlsieg im Mai werde er sich für eine weitere Verschärfung der Überwachung von E-Mails und Telefonen einsetzen. Die Massnahmen sind umstritten. «Widerstand kommt von Menschenrechtsorganisationen aber auch von Camerons Koalitionspartner, der liberaldemokratischen Partei», sagt Gredig. Damit wird klar: Sicherheitspolitische Themen werden im beginnenden Wahlkampf noch wichtiger werden.

Wer der Bevölkerung glaubwürdiger beweisen kann, dass sie vor dem islamistischen Terror geschützt werden kann, wird im Mai die besten Karten haben. Denn das Problem der rund 600 Briten, welche sich im Irak und Syrien dem Dschihad angeschlossen haben, wird die Politik noch lange beschäftigen. «Wie mit ihnen umzugehen ist, wie man deren Gefahrenpotenzial minimieren kann, ist eine der grossen Herausforderungen für die kommende Regierung», sagt Gredig.

David Cameron (vorne Links) vor einer Personengruppe gehend, auf der rechten Seite stehen Polizisten.
Legende: David Cameron will ein verschärftes Terrorgesetz. Doch Kritiker wehren sich gegen den drohenden «Schnüffelstaat». Reuters

Schnüffeln im Namen des Terrors

Für den Korrespondenten ist klar: «Die Pariser Attentate werden die Diskussion um den ‹Schnüffelstaat› weiter anheizen.» Wie sehr darf man das Volk überwachen und bespitzeln im Namen der Terrorbekämpfung? Ist im Kampf für mehr Sicherheit jedes Mittel recht – auch wenn es die Grundrechte der Bevölkerung beschneidet? «Diese Fragen werden hier immer öfter immer lauter gestellt.»

Klar ist: Einmal mehr ist vielen Briten vor Augen geführt worden, wie schnell man ins Visier von islamistischen Extremisten geraten kann. «Auch in Grossbritannien wird immer wieder vor Einzeltätern gewarnt, welche Attentate planen», beschreibt Gredig die Stimmung im Land. Die Bevölkerung werde deshalb von den Behörden aufgerufen, noch aufmerksamer zu sein. Allerdings: In den sozialen Netzwerken und auch in den Medien räumten viele Kommentatoren ein, dass man derartige Anschläge kaum verhindern könne.

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