Was wurde der Sonderbeauftragte der UNO für Syrien nicht schon schlechtgeredet: Mehr Stil als Substanz biete der 69-jährige italienisch-schwedische Diplomat.
Unbeirrbar
Staffan de Mistura sei ein Mann, der nur Getreue um sich schare und Konflikte scheue. Ein Leichtgewicht, gemessen an seinen ungleich prominenteren Vorgängern als Syrien-Vermittler, Kofi Annan und Lakhdar Brahimi. Die allerdings beide gescheitert sind und bald aufgegeben haben.
Doch De Mistura, der Mann mit dem Zwicker, der Flüchtlingssohn, der sieben Sprachen spricht und den Titel eines italienischen Marchese trägt, lässt sich nicht beirren.
Widerspruch gegen Assad-Regime
Und er geht heute sein bisher grösstes Wagnis ein. Er drängt das syrische Regime und die Oppositionsführer dazu, endlich über die Substanz, über die politische Zukunft ihres Landes zu reden. Konkret: über die Bildung einer nationalen Einheitsregierung, über eine neue Verfassung, über Wahlen in spätestens achtzehn Monaten.
Doch das Assad-Regime droht bereits, über Wahlen - und damit auch über die Möglichkeit der Abwahl des Diktators, rede man nicht. De Mistura bleibt beharrlich: Es reiche nun nicht mehr, bloss über humanitäre Hilfe und Feuerpausen zu reden. Zumal die Notversorgung seit zwei Wochen auch in den belagerten Städten besser funktioniert und die Waffenruhe zurzeit zu achtzig oder neunzig Prozent eingehalten wird.
Unterstützung nicht sicher
Der Diplomat mit 45 Jahren Erfahrung auf zwanzig UNO-Posten, darunter auf heiklen wie Afghanistan, Irak oder Somalia, macht auch zeitlich Druck. Maximal zwei Wochen soll verhandelt werden.
Ob er Erfolg hat, hängt nicht zuletzt davon ab, ob ihn die Mächte, die hinter den syrischen Akteuren stehen, voll unterstützen: Saudi-Arabien, Iran, Türkei, vor allem aber Russland und die USA. Sicher ist das nicht.
Der Mann, der etwas wagt
Doch de Mistura gilt als Mann, der etwas wagt: Ein innovativer, kreativer Diplomat. Im Balkankrieg setzte er schon mal Schmuggler ein, um das hungernde Sarajewo zu versorgen, im Sudan brachte er mit Kamelen Impfstoff in notleidende Dörfer. Wo andere nur Krisen sehen, sieht er zugleich Chancen.
Sonst hätte er wohl vor bald zwei Jahren nicht zugesagt, als ihn UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon in der Villa Michele auf Capri anrief und bat, die unmögliche Aufgabe des Friedensvermittlers für Syrien zu übernehmen. Etliche andere vor ihm hatten abgesagt. Er hingegen schob sein Projekt, eine Denkfabrik für Mittelmeerfragen zu gründen, erst mal auf die lange Bank.