Gut eine Woche vor Beginn der Fussball-Europameisterschaft in Frankreich haben Streiks erneut den Bahnverkehr im Land gestört. Bedienstete des Staatsunternehmens SNCF traten aus Protest gegen interne Umstrukturierungen in einen unbefristeten Ausstand.
Betroffen waren in Frankreich nach Angaben des Unternehmens etwa 60 Prozent der TGV-Schnellzugverbindungen im Land. Rund 40 Prozent der Vorortzüge verkehrten nicht, zudem war jede dritte überregionale und jede zweite regionale Verbindung betroffen.
Bei Verbindungen in die Schweiz sowie nach Belgien, Spanien und Italien gibt es auch Probleme. Zwischen der Schweiz und Frankreich fährt ein Drittel der TGV nicht. Wie lange der Streik dauern wird, ist unklar. Die Gewerkschaften haben ihn zunächst nicht befristet.
Metro-Angestellte demnächst auch im Ausstand
Von Donnerstag an ist auch ein Streik beim Pariser Nahverkehrsunternehmen RATP geplant. Das Unternehmen rechnet nur mit schwachen Auswirkungen, die Metro soll normal fahren. Freitag bis Sonntag ist dann ein Streik bei der Flugaufsicht angekündigt.
Grund für die Proteste sind Konflikte innerhalb der Unternehmen. Gleichzeitig kämpfen radikale Gewerkschaften auch gegen die seit Monaten umstrittene geplante Lockerung des Arbeitsrechts.
Zur Fussball-Europameisterschaft werden vom 10. Juni bis 10. Juli mehrere Millionen Besucher erwartet. Die SNCF ist offizieller Partner für die Verbindungen zwischen den zehn Spielstädten.
«In den Händen der Regierung»
Wegen der Streiks wächst in Frankreich die Sorge vor Behinderungen bei der Fussball-EM. Der Chef der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, wollte keine Entwarnung geben: «Wir werden die Menschen nicht daran hindern, Fussballspiele zu sehen, aber die Regierung muss bereit sein, zu diskutieren.» Alles liege nun in den Händen der Regierung.
Trotz aller Proteste will Präsident François Hollande die Massnahmen zur Lockerung des Kündigungsschutzes nicht zurücknehmen, wie er der Regionalzeitung «Sud Ouest» sagte. Mehr Sorgen als wegen Streiks macht sich Hollande ohnehin wegen möglicher Anschläge während der EM: «Die wahre Bedrohung ist der Terrorismus.»
In Brüssel steht alles still
Auch in Belgien wird im Zugverkehr gestreikt. Für internationale Reisende sollte sich die Lage am Mittwoch dort aber ein wenig bessern: Thalys-Schnellzüge sollten wieder zwischen Deutschland und der belgischen Hauptstadt Brüssel verkehren.
Bei ICE-Verbindungen müssen Passagiere weiterhin mit Ausfällen und Störungen rechnen. Die Deutsche Bahn wollte zum Teil als Ersatz Busse zwischen Aachen und Brüssel einsetzen. Der Streik in Belgien richtet sich gegen die Sparpolitik der Mitte-Rechts-Regierung unter Premierminister Charles Michel.