International - Internationaler Strafgerichtshof: Moskau steigt aus
Russland zieht auf Anordnung von Präsident Putin die Unterschrift unter das Gründungsstatut des Internationalen Strafgerichtshofs zurück. Offiziell hiess es zur Begründung, der ICC sei «nicht wirklich unabhängig». Inoffiziell geht es um die russischen Machenschaften in der Ukraine und auf der Krim.
Russlandwendetsich vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag ab. Die Regierung in Moskau kündigte an, die Unterschrift unter das Gründungsstatut des Gerichtshofs zurückzuziehen.
Dies geschehe auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin. Russland hatte das sogenannte Römische Statut im Jahr 2000 unterschrieben, den Vertrag bislang aber nicht ratifiziert.
Zur Begründung dafür, die Unterschrift nun rückgängig zu machen, hiess es, der zur Verfolgung von Kriegsverbrechen eingerichtete Gerichtshof werde den Hoffnungen der internationalen Gemeinschaft nicht gerecht. Das Gericht sei ausserdem «nicht wirklich unabhängig».
Hintergrunddes Rückzugs Russlands dürfte Putins Ärger über den Strafgerichtshof sein. Dieser unternahm nämlich Vorermittlungen im Fall des russisch-georgischen Kriegs von 2008. Am Montag hatte die ICC-Chefanklägerin zudem erklärt, die Kämpfe in der Ostukraine seit 2014 trügen Züge eines internationalen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine.
Auch andere Staaten sind nicht dabei
Zuletzt hatten mehrere afrikanische Länder ihren Rückzug vom ICC in Den Haag angekündigt, darunter Burundi, Gambia und Südafrika. Einige afrikanische Staaten werfen dem Gerichtshof eine «postkoloniale» Voreingenommenheit gegenüber Politikern des Kontinents vor.
Auch die USA und Israel hatten zunächst unterzeichnet, die Unterschrift aber wieder zurückgezogen, weil sie Anklagen gegen ihre Soldaten befürchten. Die 124 Vertragsstaaten befassen sich von diesem Mittwoch an bei ihrer Konferenz in Den Haag mit ihrer bisher grössten Krise.
Was macht der Internationale Strafgerichtshof?
Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das «Weltstrafgericht» ist dann zuständig, wenn die Delikte nicht auf nationaler Ebene geahndet werden können. Belangt werden Individuen, nicht Staaten.
Der ICC ist eine eigenständige Institution auf Grundlage des Rom-Statuts. Der Vertrag über das Völkerstrafrecht wurde 1998 in Rom verabschiedet und trat 2002 in Kraft.
Ein Vertragsstaat kann vom Rom-Statut zurücktreten. Geregelt ist dies in Artikel 127. Dazu muss das Land zunächst seine Rücktrittserklärung beim UNO-Generalsekretär vorlegen, der die Funktion des Sekretärs des Gerichtshofes übernimmt. Ein Jahr später wird der Rücktritt gültig, es sei denn, das Land nannte in der Erklärung einen späteren Zeitpunkt.
Einschätzung von Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent bei SRF
«Symbolisch ist es ein Paukenschlag. Doch: Moskau kehrt einer Institution den Rücken, der es sich gar nie wirklich zugewendet hat. Spätestens seit der Rückkehr von Wladimir Putin in den Kreml erwartete niemand mehr eine russische Mitgliedschaft im ICC. Dass Putin seine Unwilligkeit nun auch noch mit der Rücknahme der Unterschrift unterstreicht, dürfte an den Einschätzungen des ICCs zum Ukraine-Konflikt liegen. Moskau beharrt jedoch auf dem Standpunkt, gar nicht direkt militärisch in der Ostukraine einzugreifen.
Die russische Erklärung ändert also konkret für den Weltstrafgerichtshof nichts. Aber sie kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn der ICC steckt zurzeit ohnehin in der Krise.»
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