Die Anzeichen verdichten sich: Die Terrormiliz IS hat diese Woche wahrscheinlich Senfgas gegen kurdische Kämpfer im Irak eingesetzt. Die Chemiewaffen sollen aus syrischen oder irakischen Beständen stammen.
Senfgas ist eine hochgiftige Substanz mit knoblauch- oder senfartigem Geruch. Es greift nicht nur die Atemwege an, sondern ist auch bei Hautkontakt sehr gefährlich. Schon früher gab es Meldungen, wonach der IS Chlorgas eingesetzt habe.
Die amerikanische Regierung vermutet, dass die Dschihadisten des IS vor wenigen Tagen Chemiewaffen im Irak eingesetzt haben. «Auf Grundlage der Informationen, die wir bereits haben, halten wir das für plausibel», sagte ein US-Beamter. Er bestätigte damit einen Bericht der US-Zeitung «Wall Street Journal».
Auch für Sicherheitsexperten der ETH plausibel
Auch Oliver Thränert, Leiter Think Tank für sicherheitspolitische Studien der ETH Zürich, hält einen Senfgaseinsatz durch den IS durchaus für möglich, wie er SRF sagte. Er glaubt aber nicht, dass die Terrormiliz in grösseren Mengen selbst Chemiewaffen herstellen kann. Nicht bekannt sei aber, welche Mengen an Chemiewaffen dem IS in Syrien oder im Irak in die Hände gefallen sind. Deshalb lasse sich schwer sagen, ob es weitere solche Angriffe geben werde.
Angriff offenbar am Dienstag
Kurdische Kämpfer im Irak sagten der Nachrichtenagentur AFP, der Angriff sei am Dienstag erfolgt. Nach Angaben eines hochrangigen Peschmerga-Vertreters im Irak gingen mit Chlorgas bestückte Katjuscha-Raketen auf die kurdischen Kämpfer nieder. Der Angriff habe sich in der Region Machmur rund 50 Kilometer südwestlich der Kurdenmetropole Erbil ereignet.
Das amerikanische Verteidigungsministerium teilte mit, die US-Regierung bemühe sich um zusätzliche Informationen über die Anschuldigungen gegen den IS. «Wir nehmen diese und alle derartigen Anschuldigungen hinsichtlich des Einsatzes von Chemiewaffen sehr ernst», erklärte ein Pentagon-Sprecher.
Laut dem «Wallstreet Journal» könnte das Senfgas aus den auf internationalen Druck aussortierten Beständen der syrischen Regierung oder aus dem Irak stammen. Zum genauen Zeitpunkt des mutmasslichen Angriffs schrieb die Zeitung nichts.
Deutsche stützen sich auf fremde Quellen
Das deutsche Verteidigungsministerium erklärte am Donnerstag, von der Bundeswehr ausgebildete Kurden-Kämpfer im Nordirak seien offenbar zum Ziel eines Chemiewaffenangriffs geworden. Deutsche Soldaten in der Region seien aber «nicht betroffen und nicht gefährdet».
Später stellte das Verteidigungsministerium aber klar, dass die Bundeswehr am Ort des Geschehens «keine eigenen Quellen» habe. Die Informationen stammten aslo nicht aus eigener Beobachtung.