Jean-Claude Juncker erhielt 422 von 729 Stimmen in Strassburg. 250 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Die erforderliche Mehrheit lag bei 376 Stimmen. Der 59-Jährige wird nach einer heftig umstrittenen Nominierung Nachfolger von José Manuel Barroso.
Sieg für das Parlament
Mit der Wahl Junckers gelang dem Parlament einen wichtigen Sieg im Tauziehen mit den Regierungschefs um die Ernennung des neuen EU-Kommissionspräsidenten. Die Abgeordneten lancierten vor der Europawahl zum ersten Mal so genannte Spitzenkandidaten. Juncker war der Kandidat der konservativen Partei.
Am 1. November wird er offiziell den aktuellen Amtsinhaber José Manuel Barroso ablösen. Als nächstes wird sich Juncker am Mittwoch in Brüssel mit den EU-Staats- und Regierungschefs treffen, um über die Besetzung weiterer Spitzenposten zu verhandeln – etwa jener der neuen EU-Aussenbeauftragten.
Zehn-Punkte-Plan
Zuvor sagte Juncker im EU-Parlament, dass die Wirtschaft der EU wieder
wettbewerbsfähiger werden muss. «Wir sind zurückgefallen», sagte der konservative Politiker am Dienstag im Strassburger EU-Parlament.
«Europa braucht eine breit aufgestellte Reformagenda», betonte er. Nötig sei ein Neuanfang für die EU. Dabei müssten auch Risiken eingegangen werden. Juncker schlug einen Zehn-Punkte-Plan vor, um das Wachstum anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Der Luxemburger hob den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hervor und sagte, dass private und öffentliche Investitionen die beste Waffe gegen den Verlust von Arbeitsplätzen seien.
Buhrufe der Briten
Innerhalb der nächsten drei Jahre will er durch klügere Schwerpunkte im EU-Haushalt und Stimulierung von Privatinvestitionen durch die Europäische Investitionsbank bis zu 300 Milliarden Euro zusätzlich mobilisieren. Ein entsprechendes anspruchsvolles Investitionsprogramm will er bis zum Februar 2015 vorlegen.
Juncker sprach mit Engagement und Nachdruck, im voll besetzten Plenarsaal wurde seine Rede mehrfach von Beifall unterbrochen. Buhrufe gab es aus den Reihen euroskeptischer Briten, als Juncker sagte, dass der Euro «Europa, seine Wirtschaft, und seine Bürger schützt».
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Bild 1 von 12. Jean-Claude Juncker ist der neue Mann an der Spitze der Europäischen Kommission. Zwischen 1995 und 2013 war er Ministerpräsident von Luxemburg. In Europa hat er sich vor allem einen Namen als Chef der Euro-Gruppe zwischen 2005 und 2013 gemacht. Gegen seine Nominierung als Kommissionspräsident sprach sich Grossbritannien aus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Der Belgier Jean Rey wurde 1967 der erste Präsident einer Kommission der drei Gemeinschaften Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom, auch EAG). Er blieb drei Jahre im Amt. Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 3 von 12. Der italienische Christdemokrat Franco Maria Malfatti führte die Kommission von 1970 bis 1972. Danach übernahm er verschiedene Ministerämter in Italien. Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 4 von 12. Nur sieben Monate dauerte die Amtszeit als Kommissionspräsident von Sicco Leendert Mansholt. Das Spezialgebiet des niederländischen Sozialdemokraten war die Agrarpolitik. Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 5 von 12. François-Xavier Ortoli bekleidete das Amt des Kommissionspräsidenten vier Jahre – von 1973 bis 1977. Der Franzose war zuvor Berater des französischen Präsidenten Georges Pompidou und führte verschiedenen Ministerien in Frankreich. Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 6 von 12. Von 1977 bis 1981 stand der Brite Roy Jenkins an der Spitze der Kommission. Der Sozialdemokrat trat 1981 aus der Labour-Partei aus und gründete die Social Democratic Party (SDP). Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 7 von 12. Jean-Claude Juncker wäre nicht der erste Luxemburger im Amt der Europäischen Kommissionspräsidenten. Bereits von 1981 bis 1985 führte Gaston Thorn das Gremium. In seine Amtszeit fällt ein erheblicher Machtzuwachs für die Kommission. Bildquelle: European Union 2014.
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Bild 8 von 12. Der französische Sozialist Jacques Delors wird 1985 Kommissionspräsident der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Zehn Jahre bleibt er an der Spitze der Kommission. In seine Amtszeit fällt der Vertrag von Maastricht. Darin wurde die Gründung einer Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen, auf deren Grundlage später der Euro eingeführt wurde. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Ab 1995 steht der luxemburgische Konservative Jacques Santer an der Spitze der Europäischen Kommission. Im Gegensatz zu Vorgänger Delors bleibt er nur vier Jahre im Amt. Wegen Korruptionsvorwürfen gegen die französische Kommissarin für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Édith Cresson, trat die gesamte Kommission im März 1999 zurück. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Der spanische Sozialist Manuel Marín leitete in der Nachfolge von Santer für eine sechsmonatige Übergangszeit die Europäische Kommission. Die Kommission kannte er bestens, denn Marín war Kommissar für die Beziehungen zum Mittelmeerraum, Lateinamerika und Mittel- und Ostasien unter Jacques Delors. Bildquelle: Reuters.
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Bild 11 von 12. Nach der Übergangszeit von Marín wird der italienische Konservative Romano Prodi Kommissionspräsident. Während seiner fünfjährigen Amtszeit wird die EU um zehn Staaten erweitert und der Euro eingeführt. Im Dezember 2003 scheitern zwei Bombenanschläge auf Prodi. Vor und nach seiner Zeit als Kommissionspräsident war er Ministerpräsident von Italien. Bildquelle: Reuters.
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Bild 12 von 12. Seit 2004 ist der Portugiese José Manuel Barroso das Gesicht der EU. Seine Amtszeit als Kommissionspräsident ist verknüpft mit der Eurokrise und der EU-Erweiterung. Bulgarien, Rumänien und Kroatien traten der EU in Barrosos Amtszeit bei. Bildquelle: Keystone.