Ali al Nimr war gerade 17-jährig, als er in Damman in der saudischen Ostprovinz festgenommen wurde. Es war 2012, der Arabische Frühling wühlte die Region auf. Auch in Saudi-Arabien protestierten die Bürger gegen ihr repressives Regime. Ali al Nimr war dabei, mit seinen Mitschülern und Kollegen.
Verfahren wurde geheim gehalten
Zwei Jahre später, im Mai letzten Jahres, wurde der Jugendliche in Dschedda zum Tode verurteilt. Von einem Spezialgericht, das für «terroristische» Vergehen zuständig ist. Im Urteil heisst es, Ali al Nimr habe die Polizei angegriffen, ein Maschinengewehr besessen, einen Raubüberfall verübt und gehöre einer Terrorzelle an. Der junge Aktivist bestreitet dies und sagt aus, er sei unter Folter zu einem Geständnis gezwungen worden.
Laut «Amnesty International» wurden diese Foltervorwürfe nie untersucht. An der saudischen Justiz liegt es auch, dass die Welt erst so spät von Alis Schicksal erfährt. Das gesamte Verfahren wurde geheim gehalten, Ali hatte nie Kontakt zu einem Anwalt. Vor zwei Tagen reichte der Vater des Verurteilten ein Gnadengesuch für seinen Sohn beim König ein und erreichte damit die Öffentlichkeit.
Auch Onkel zum Tode verurteilt
Der junge Mann stammt aus einer der prominentesten oppositionellen Familien Saudi-Arabiens. Sie gehört der schiitischen Minderheit an, die von den radikal sunnitischen Herrschern unterdrückt wird. Alis Onkel, Nimr al Nimr, ein Kleriker, ist einer der Anführer der Protestbewegung in der Provinz Qatif, auch er wurde 2012 verhaftet und zum Tode verurteilt. Noch sitzt er in Haft. Sein Vergehen: Er hatte demokratische Wahlen gefordert und zu gewaltlosen Demonstrationen aufgerufen. Das Todesurteil gegen seinen Neffen sei politisch motiviert. Eigentlich wolle das Herrscherhaus den schiitischen Kleriker und die ganze Familie treffen, glauben Menschenrechtler.
König könnte al Nimr Begnadigen
Nachdem die Berufung gegen das Todesurteil nun abgelehnt wurde, kann es jederzeit vollzogen werden. Einzig der König könnte den Jugendlichen Ali begnadigen. Doch bisher reagiert niemand im saudischen Herrscherhaus auf die zunehmenden Appelle und auf die entsetzten Reaktionen. Unter dem neuen König Salman haben in diesem Jahr die Hinrichtungen zugenommen. Schon lange war das Königreich am Golf eines der Länder, die am meisten Todesurteile vollstrecken. Geheimprozesse, Folter und Missachtung der internationalen Rechtsstandards – das kritisieren Menschenrechtsorganisationen schon lange.
Ali al Nimr, der junge Saudi, der für die Demokratie demonstriert hat, soll enthauptet und sein Leichnam soll gekreuzigt und öffentlich zur Schau gestellt werden. Auf ähnliche Weise ermordet und schändet die IS-Terrormiliz ihre Opfer. Kurz nachdem bekannt wurde, dass der junge Mann getötet werden soll, wurde Saudi-Arabien an die Spitze des UNO-Menschenrechtsrates gewählt.