Nach mehr als vier Monaten erbitterter Kämpfe haben die Kurden die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) aus der syrischen Grenzstadt Kobane vertrieben.
Mit Hilfe von Luftangriffen der USA und ihrer arabischen Verbündeten ist es den Kurden gelungen, die Extremisten nach und nach zurückzudrängen. Jetzt ist die Stadt wieder voll unter Kontrolle der Kurden. Dies bestätigt die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London.
Dies ist ein Sieg für alle Kurden.
Die Kurden seien nun dabei, im Osten der Stadt Häuser auf der Suche nach Sprengladungen zu durchkämmen, so die Beobachtungsstelle. Kurden-Sprecher Idriss Nassan bestätigte die Information: «Dies ist ein Sieg für alle Kurden.»
Die kurdischen Einheiten in Kobane werden von verbündeten kurdischen Kämpfern aus Nordirak unterstützt. Zudem startete eine internationale Koalition unter der Führung der USA Ende September Luftangriffe gegen IS-Stellungen. Die Stadt liegt an der Grenze zur Türkei in einer Enklave, die bislang überwiegend von Kurden bewohnt wurde.
1600 Tote bei erbitterten Kämpfen
Der IS hatte Mitte September seine Offensive gegen Kobane gestartet. Laut der Beobachtungsstelle in London wurden seither mehr als 1000 IS-Kämpfer um Kobane getötet. Insgesamt habe es 1600 Tote gegeben. Nur im äussersten Osten, am Rand des Stadtteils Maktala, kämpften noch einige Extremisten. Ansonsten hätten sich die IS-Kämpfer vor die Stadt zurückgezogen.
Die Angaben sind von unabhängiger Seite nicht zu überprüfen. Die oppositionsnahe Organisation verfügt aber in Syrien über ein dichtes Netz von Informanten. Dass die Kurden Kobane verteidigen konnten, werten Experten als bislang wichtigste Niederlage für die IS-Extremisten und als möglichen Wendepunkt.
US-Zentralkommando: 90 Prozent unter Kontrolle
Gemäss Schätzungen des US-Zentralkommandos in Tampa (Florida) sind derzeit 90 Prozent von Kobane unter kurdischer Kontrolle. «Obwohl der Kampf gegen den IS noch längst nicht vorbei ist, hat der IS durch sein Versagen in Kobane eines seiner strategischen Ziele verfehlt», gaben die Militärs in der Nacht auf Dienstag bekannt.
«Kobane bleibt umkämpft», sagte auch die Sprecherin im US-Aussenministerium, Jen Psaki, in Washington. Die Extremisten würden zwar zurückgedrängt, dieser Prozess sei aber noch nicht beendet.
Auch im benachbarten Irak meldeten die Sicherheitskräfte laut Berichten Erfolge gegen den IS. Die Extremisten seien aus der kompletten Provinz Dijala nördlich von Bagdad vertrieben worden, zitierte der Nachrichtensender Al-Arabija einen Polizeioffizier.
Friedensgespräche ohne Opposition
Mit wenig Hoffnung auf eine Verhandlungslösung begannen unterdessen in Moskau neue Friedensgespräche über ein Ende des syrischen Bürgerkriegs. Zu dem Treffen seien 27 bis 28 Vertreter der Opposition eingetroffen, sagte Russlands Vizeaussenminister Michail Bogdanow laut russischen Nachrichtenagenturen. An ihrer Spitze stehe der ehemalige UN-Syriengesandte Lakhdar Brahimi.
Auch die Regierung schickte eine Delegation in die russische Hauptstadt.
Am Verhandlungstisch fehlen allerdings Vertreter des grössten Exil-Oppositionsbündnisses Nationale Syrische Koalition. Eine Koalitions-Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, keiner ihrer neun eingeladenen Mitglieder nehme an den Gesprächen teil. Das vom Westen unterstützte Bündnis mit Sitz in Istanbul kritisiert, Russland habe nicht die Oppositionsgruppen an sich, sondern nur einzelne Regimekritiker eingeladen.
IS beherrscht immer noch riesige Flächen
Die mächtigen radikalislamischen Milizen des Islamischen Staates und der Nusra-Front sind gar nicht eingeladen. Sie bekämpfen sowohl die Regierung als auch die vom Westen unterstützten Oppositionsgruppen. Der IS kontrolliert auch nach dem Verlust Kobanes noch immer rund ein Drittel Syriens. Auch im Irak beherrscht er riesige Flächen.