Eric Gitari hatte dem US-Präsidenten einen Brief geschrieben. Darin bat er Barack Obama, er möge sich bei der kenianischen Regierung für die Homosexuellen einsetzen. Der Anwalt bei der Selbsthilfegruppe «National Gay and Lesbian Human Rights Commission» bewertet den Besuch Obamas sehr positiv.
SRF News: Sind Sie zufrieden mit Obamas Fürsprache?
Eric Gitari: Ich bin sehr zufrieden. Obama hat genau in unserem Sinne gehandelt, indem er nicht über Rechte oder gar Homo-Ehe sprach. Er betonte vielmehr unsere Gefühle und Bedürfnisse und die Art, wie wir als Menschen im Alltag behandelt werden. Auch wenn Präsident Kenyatta widersprach – wir glauben, dass Obamas Worte in der Bevölkerung gut angekommen sind. Sie werden in Erinnerung bleiben, denn er hat die Herzen der Kenianer erreicht.
Hat ein anderer hoher Staatsgast je so klar Partei für Homosexuelle ergriffen?
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Noch nie hat jemand mit so viel Macht und Einfluss bei uns diese Positionen vertreten. Unsere Rechte wurden das erste Mal öffentlich diskutiert. Und das unglaublich kraftvolle Statement Obamas erfolgte erst noch vor einem Machtsymbol, dem Regierungssitz.
Homosexualität sei in den Köpfen der Kenianer einfach kein Thema, nicht vorgesehen in der Kultur, sagte Kenyatta. Das tönt nicht nach baldigen politischen Veränderungen?
Wir erwarten nicht, dass sich sehr viel bewegt, zumindest nicht bei der Regierung. Wir werden aber weiterhin auf juristischem Weg für unsere Rechte kämpfen. Zum Beispiel gegen die Sodomie-Gesetze, damit einvernehmlicher Sex zwischen Erwachsenen in den eigenen vier Wänden nicht mehr strafbar ist.
Die Bevölkerung identifizierte sich stärker mit den Worten Obamas. Er ist populärer als Kenyatta.
Obama sprach menschlich und mitfühlend über Gleichbehandlung. Kenyatta dagegen reagierte sehr abweisend und bemühte die afrikanische Männlichkeit. Die Bevölkerung identifizierte sich stärker mit den Worten Obamas. Er ist populärer als Kenyatta. Mehr Kenianer schliessen sich Obamas Meinung an.
Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind in Kenia verboten und können über zehn Jahre Haft bedeuten. Wie gefährlich leben Sie als bekennender Aktivist?
Mein Leben ist nicht so sehr in Gefahr. Auf der Strasse werde ich kaum zur Zielscheibe. In den sozialen Medien bekomme ich aber Gewalt- und Morddrohungen. Dazu kommen anonyme Telefonanrufe. Ich zeige mich möglichst wenig auf der Strasse und meide den öffentlichen Verkehr. Ich verlasse mich auf meinen Bauch. Angst und Unsicherheit sind zudem Gefühle, die alle Kenianer kennen.
Hätte Obama die Kenia versprochenen Investitionen in Milliardenhöhe nicht an Bedingungen knüpfen müssen?
Dass die USA mit Firmenchefs und Investoren anreiste, war zu erwarten. Ebenso, dass Kenyatta vor allem von Investitionsmöglichkeiten und Tourismus spricht. Unerwartet breit entwickelte sich dann aber die Diskussion in den Medien über die Rechte von Schwulen und Lesben.
Uns wurde plötzlich klar, dass wir die Ablehnung von Homosexuellen bisher etwas überschätzt hatten.
Uns wurde plötzlich klar, dass wir die Ablehnung von Homosexuellen bisher etwas überschätzt hatten. Wir gewannen Verbündete unter Meinungsführern, deren Unterstützung wir uns gar nicht bewusst waren. Die mehrheitlich positiven Diskussionen machen mich zuversichtlich, dass der Kampf gegen Vorurteile nun ein wenig einfacher wird. Das wäre dann eine sehr positive Folge von Obamas Besuch.
Das Gespräch führte Ursula Hürzeler.