Während Monaten schwieg Washington über die langfristigen Ziele der amerikanischen Syrienpolitik. Die USA bekämpfen zwar den sogenannten Islamischen Staat (IS), aber sie verloren kein Wort darüber, was das für das Regime von Baschar al-Assad – Erzfeind der Islamisten – bedeutet. Dabei wäre die Antwort klar: Die US-Militärschläge stärken den Diktator in Damaskus.
Kehrtwende der USA
Jetzt hat US-Aussenminister John Kerry das Schweigen gebrochen. Weil es für Syrien eine politische Lösung brauche, müsse man mit dem dortigen Regime verhandeln, sagte er fast kleinlaut auf dem TV-Sender CBS. «Es gibt nur eine politische Lösung. Wir müssen verhandeln.» Kerry tut nun so, als habe Assad bisher jegliche Verhandlungen verweigert. «Um ihn zu Verhandlungen zu bringen, werden wir ihm klar machen müssen, dass jeder entschlossen ist, dieses politische Ergebnis zu erreichen», betonte Kerry.
Dschihadisten das grössere Problem
Was stark klingen soll, ist das Eingeständnis amerikanischer Schwäche. Washington räumt ein, dass ihre Syrienpolitik in den vergangenen vier Jahren nirgendwohin geführt hat. Obschon Assad bloss noch ein Rumpf-Syrien kontrolliert, deutet nichts darauf hin, dass er bald ganz von der Bildfläche verschwindet. Klar ist auch, dass das Assad-Regime zwar für das syrische Volk eine grausame Last ist. Für weite Teile des Nahen Ostens und auch für die USA sowie den Westen sind aber die IS-Dschihadisten das grössere Problem.
Zugeständnis an Teheran
Dass Kerry gerade jetzt Verhandlungen mit Damaskus fordert, scheint auch taktisch begründet. In Lausanne gehen die Atomverhandlungen mit Iran in die Endrunde. Assad ist bekanntlich Irans Schützling. Kämen die USA tatsächlich direkt oder indirekt mit dem syrischen Diktator ins Gespräch, dürfte das zugleich die immens schwierigen Beziehungen zwischen Washington und Teheran entkrampfen.