Die ukrainische Armee hat den Flughafen von Donezk offenbar zurückerobert. In einem Grosseinsatz gingen Bodentruppen – unterstützt von Kampfjets, Militärhelikoptern und Fallschirmjägern – gegen die pro-russischen Separatisten vor.
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Der Flughafen sei wieder «vollständig» unter der Kontrolle der Armee, teilte Innenminister Arsen Awakow mit. Die pro-russischen Milizen hätten bei den Kämpfen «schwere Verluste erlitten». Soldaten seien dagegen nicht getötet worden.
Nach Angaben von Donezks Bürgermeister Alexander Lukjantschenko wurden bei den Gefechten insgesamt 40 Menschen getötet, neben Separatisten und Soldaten auch zwei Zivilisten. Die Separatisten beklagten nach eigener Darstellung mehr als 50 Tote.
Bürgerkriegsähnliche Zustände
Zwei Tage nach dem Sieg des Milliardärs Petro Poroschenko verschärft die pro-westliche Führung in Kiew die «Anti-Terror-Operation» im Osten massiv. «Wir werden diese Operation fortsetzen, solange sich auch nur ein Terrorist auf dem Territorium der Ukraine aufhält», betonte Vizeregierungschef Witali Jarema.
Poroschenko hatte gleich nach seinem Wahlerfolg einen effektiveren Einsatz verlangt. Aber der künftige Staatschef sei nicht in die aktuellen Entscheidungen eingebunden, beteuerte Vizeregierungschef Jarema. In Donezk herrscht Angst, nur wenige Menschen trauen sich auf die Strassen.
Kindergärten und Schulen sind geschlossen, wie auch der Flughafen und ein Teil des Bahnhofs. Separatisten zündeten die Arena des örtlichen Eishockeyvereins an, weil Clubchef Boris Kolesnikow einen Aufruf zum Widerstand gegen die pro-russischen Machthaber unterstützt. Gleichzeitig rückt die Bevölkerung enger zusammen. «Allein heute wollten etwa 300 Menschen Blut für die Verletzten spenden», sagt eine Ärztin.
Russland weiss von den Kämpfern
Die Machthaber der selbst ernannten «Volksrepublik Donezk» scheinen bereit, bis zum letzten zu gehen. Und sie erhalten Unterstützung: Von den Gesinnungsgenossen aus dem Nachbargebiet Lugansk. Und: Es seien erneut mehrere Lastwagen mit Bewaffneten von Russland aus ins Land eingedrungen, berichtet der ukrainische Grenzschutz.
Beobachter betonen, dass solche Aktionen kaum ohne Kenntnis der russischen Behörden möglich seien. Viele der Kämpfer stammen aus dem früheren Kriegsgebiet Tschetschenien, wo der kremlnahe Machthaber Ramsan Kadyrow herrscht. Einige der Opfer in Donezk stammten aus den tschetschenischen Städten Grosny und Gudermes, sagen die Behörden.
Die Fronten sind verhärtet, auf beiden Seiten ist der Hass auf die Gegner gross. Erfolgsmeldungen der Regierung von der «Vernichtung» pro-russischer Kämpfer werden im Internet bejubelt. «Prachtkerle», «Ehre den Helden», schreiben Nutzer. Dabei hat der künftige Präsident Poroschenko einen Dialog mit den Bewohnern der Krisenregionen angekündigt.